Es ist in Deutschland zu leicht, große Mengen an Alkohol zu bekommen

Es sind die großen Zahlen, die einen über den Lebenswandel und die Essgewohnheiten der Deutschen, soll für viele heißen: die eigenen, nachdenken lassen. Vor wenigen Wochen waren es die 1096 Tiere, die ein Bundesbürger statistisch gesehen in seinem Leben verzehrt; jetzt ist es die Badewanne, die jeder an alkoholischen Getränken angeblich pro Jahr zu sich nimmt, 137 Liter.

So wunderbar und harmlos das Glas Wein am Abend ist oder wahlweise die Flasche Bier, so unfassbar und erschreckend kommt die Kumulation daher. Und wenn man sich dann noch vorstellt, dass es ja auch reichlich Menschen gibt, die entweder vegetarisch oder abstinent leben oder gleich beides ... Soll heißen: Für jeden Fleischverzichter wird man einen finden, der mehr als 2000 Tiere in seinem Leben isst, und für jeden, der auf Alkohol verzichtet, einen, der zwei Wannen leert. Das klingt nicht gesund, und das ist es ja erwiesenermaßen auch nicht.

Nun ist Alkohol nicht gleich Alkohol und das zitierte Glas Wein definitiv weniger schädlich als ein oder mehrere Schnäpse, als Longdrinks oder Cocktails. Gemeinsam ist den (hoch)prozentigen Getränken aber, dass sie in der gesellschaftlichen Wahrnehmung eben zuallerletzt als Drogen eingestuft werden. Die Droge Alkohol hat es geschafft, sich im Alltag der Menschen einzurichten, sie ist sozialisiert. Allen voran der Rotwein, über dessen gesundheitsfördernden Wirkungen mehr gesprochen wird als über gesundheitsschädigende Folgen anderer Alkoholika - übrigens auch des Rotweins, der natürlich nur in Maßen getrunken werden sollte.

Das rechte Maß zu finden, und nur darum kann es erst einmal gehen, fällt offensichtlich vielen Menschen im Umgang mit Alkohol schwer. Das ließe sich natürlich mit Verboten ändern, wäre aber der falsche Weg. Was bei Zigaretten richtig war, weil die Raucher eben auch die Gesundheit von Nichtrauchern gefährden und sich Letztere so gut wie nicht dagegen wehren konnten, ließe sich bei alkoholischen Getränken schwerlich begründen. Vor allem: Wo sollte man anfangen, wo aufhören? Dass Rauchen in öffentlichen Räumen nicht gestattet ist, hat sich auch deshalb durchgesetzt, weil Raucher vor die Tür gehen und ihre Zigaretten unter freiem Himmel anzünden können. Man stelle sich vor, das würde auch für den Genuss von Alkohol gelten - und plötzlich stünden überall in Hamburg Menschen mit Flaschen vor Restaurants und anderen Gebäuden. Absurd.

In diesem Fall lässt sich der Konsum nur über zwei Wege beeinflussen: Einerseits, und das ist das wichtigste, indem man deutlich macht, welche Folgen Alkohol haben kann - so, wie das im aktuellen Jahrbuch Sucht geschehen ist. Andererseits, indem Alkohol nicht zu günstig verkauft wird. Dass der Deutsche im Schnitt nur 2,36 Euro für eine Flasche Wein ausgibt, zeigt leider eindrucksvoll, wie billig man in diesem Land an Alkohol herankommt und wie günstig der oben zitierte Badewanneninhalt sein kann.

Die niedrigen Preise führen natürlich nicht dazu, dass der Konsument allzu lange über die Menge der Flaschen nachdenkt, die er kauft - eher im Gegenteil. Kommt hinzu, dass man bei einer Flasche Wein für unter drei Euro Zweifel an der Qualität und den Herstellungsbedingungen haben darf.

Dabei könnte die Rechnung ganz einfach aufgehen, auch ohne staatliche Eingriffe (Steuern rauf): Die Produzenten und Händler heben, was ja in ihrem Sinne sein sollte, die Preise für alkoholische Getränke einfach an. Dann verkaufen sie wahrscheinlich weniger, müssen aber nicht zwangsläufig weniger einnehmen und können sich auf Klasse statt Masse konzentrieren. Die Konsumenten wären gezwungen, genauer zu überlegen, wie viel und welchen Alkohol sie kaufen - und dabei ebenfalls mehr auf den Genuss als auf die Menge achten.