Im Streit um die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare formieren sich in der Partei die Fronten. Nun bekommt die Union auch noch Druck von der FDP

Berlin. Es hat ein paar Tage gedauert. Nachdem am Wochenende die Spitze der Unionsfraktion, namentlich ihr Chef Volker Kauder und der parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer, eindeutige Signale gesendet hatten, wonach sich die Union zu einer Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaft und der Ehe durchringen könnte, haben sich nun die Gegner formiert. Es ist ein durchaus heterogenes Bündnis, auf das Begriffe wie konservativ oder traditionalistisch nicht recht passen wollen. Dazu gehören Mitglieder des konservativen Berliner Kreises in der Union wie Erika Steinbach und Wolfgang Bosbach. Aber auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe will die Gleichbehandlung nicht. Er verwies auf den Parteitagsbeschluss von Anfang Dezember. Damals hatten sich rund 60 Prozent der Delegierten gegen eine steuerlicher Gleichstellung ausgesprochen.

Täglich erneuert die CSU gerade ihr Nein. Dabei schwingt Ärger mit über die Art und Weise, wie Kauder und Grosse-Brömer sich hervorgetan haben. "Dass das gleich mit einer solchen öffentlichen Festlegung und Priorisierung erfolgt, das konnte kaum einer vorhersehen", sagt die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Gerda Hasselfeldt. "Die Koalition sollte nicht mehr umsetzen, als zwingend notwendig ist", fasste sie zusammen. Und betonte mehrmals, dass sich die CSU "als wertegebundene Partei" verstehe, die auch künftig eine Privilegierung von Ehe und Familie fordere. "Wir wollen die Position auch nicht aufgeben, sondern erst einmal abwarten, wie das Urteil aussieht." Die CSU blickt weiter nach Karlsruhe.

Konkret geht es um zwei Punkte: das Ehegattensplittung und das volle Adoptionsrecht. Geht es nach der CSU wird man über Ersteres frühestens im Sommer reden. Dann wird das Verfassungsgericht urteilen, ob Lebenspartnern das Ehegattensplittung zusteht. Experten gehen davon aus, dass das Gericht wie vor einer Woche im Hinblick auf die sogenannte Sukzessivadoption zugunsten von Schwulen und Lesben entscheidet. "Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur eingetragenen Lebenspartnerschaft ist rechtlich nicht mehr zu halten", sagte der frühere Präsident des Verfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier der "Bild"-Zeitung.

In puncto volles Adoptionsrecht gibt es dagegen in der Logik der Verteidiger des Status quo gar keinen Handlungsdruck. Denn dazu ist vor dem obersten Gericht kein Verfahren anhängig. Eines machte Hasselfeldt unter Verweis auf das CSU-Grundsatzprogramm auch klar: Privilegierung gelte für Ehe und Familie, nicht nur für Familie. Diese Festlegung klingt banal, sie kann aber innerhalb der Union noch für mächtig Konfliktstoff sorgen. Denn die CDU orientiert sich in dieser Frage gerade nach links, auch und gerade die selbst ernannten Konservativen tun dies, wohl ohne es zu wollen.

Gegner sagen: Aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gingen natürlicherweise aber keine Kinder hervor. Familien müsse man aber besonders unterstützen. Die Befürworter hingegen erinnerten daran, dass das Ehegattensplitting nicht geschaffen wurde, um Familien mit Kindern besser zu stellen, sondern eine frühere Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Unverheirateten in der Steuer aufzuheben. Doch dieser Gedanke verflüchtigt sich offenbar in der CDU. Nicht nur bei den Konservativen.

"Das Einzige, was der Staat in positiver Weise fördern muss und was er steuerrechtlich lenken kann, ist das Leben mit Kindern", sagte der Vorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, im Interview mit der "Welt". Auf diesem Standpunkt stehen auch die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, und die Vorsitzende der Partei in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner. Sie alle sprechen sich deutlich für ein Familiensplitting aus. Zwar ist im CDU-Programm bisher von einer "Erweiterung" des Ehegattensplittings zum Familiensplitting die Rede. Bezahlbar ist das jedoch kaum. Familienministerin Kristina Schröder nannte zusätzliche Kosten von zehn Milliarden Euro pro Jahr; das Ehegattensplitting summiert sich auf fast 20 Milliarden. Dagegen würde die Ausweitung des Splittings auf Homosexuelle im Moment gerade einmal 30 Millionen Euro kosten. Doch, wer Kinder ins Zentrum der Argumentation rückt, dem kann es nicht ums Geld gehen. Die aktuelle Debatte spielt damit denjenigen in die Hände, die das Ehegattensplitting durch das Familiensplitting ersetzen wollen. Da könnten viele in der Union noch ihr blaues Wunder erleben. Denn die Position, das Ehegattensplitting zugunsten eines Familiensplittings abzuschaffen, wird vor allem von SPD und Grünen vertreten. Eine Basis hat diese Haltung aber längst nicht mehr nur dort, sondern offensichtlich auch unter vielen (konservativen) Unionspolitikern. Höchst unzufrieden verfolgt die FDP den Verlauf der Diskussion der letzten Tage. "CDU und CSU müssen endlich die Lebensrealitäten in Deutschland anerkennen", sagte Miriam Gruß, familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, der "Welt". Es sei "peinlich, dass das Bundesverfassungsgericht der Union immer wieder den gesellschaftspolitischen Spiegel vorhalten" müsse. Gruß fügte hinzu: "Eingetragene Lebenspartner übernehmen die gleiche Verantwortung füreinander wie Eheleute." Daher müssten sie "endlich auch die gleichen Rechte bekommen und beispielsweise im Steuerrecht gleichgestellt werden".