Opposition kritisiert Krisenmanagement. Vorschlag von CDU-Politiker, Lebensmittel mit Pferdefleisch an Bedürftige zu verteilen, abgelehnt.

Berlin. Die Opposition hat Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) für ihr Krisenmanagement im Pferdefleisch-Skandal attackiert. Aigner reagiere immer erst dann, wenn eine Krise schon da sei, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Freitag im Bundestag. Es gelte aber, vorher Strukturen zu schaffen, um Krisen zu verhindern. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber hielt Aigner vor, mit Scheinmaßnahmen darüber hinwegzutäuschen, dass die eigentlichen Schwachstellen nicht beseitigt würden.

Die Linke-Abgeordnete Caren Lay kritisierte, Aigner habe aus vergangenen Lebensmittel-Skandalen unzureichende Konsequenzen gezogen. So werde das föderal organisierte Kontrollsystem global agierenden Konzernen weiterhin nicht gerecht.

Aigner verteidigte das Krisenmanagement im Schulterschluss von Bund und Ländern und sicherte erneut zügige Konsequenzen zu. „Wichtig ist, dass wir alles tun, um zu verhindern, dass sich ein solch dreister und skandalöser Etikettenschwindel in Zukunft wiederholt.“ Sie betonte, dass die Verbraucher Opfer des Skandals seien und nicht der Handel. Das Kontrollsystem der Supermarktketten habe „offensichtlich versagt“ und solle nun durchleuchtet werden. Aigner kündigte an, sie wolle beim EU-Ministerrat am Montag gemeinsam mit Frankreich auf eine erweiterte Herkunftskennzeichnung für Fertigprodukte drängen.

Hamburgs Verbrauchersenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) sagte, die Bürger seien es leid, immer wieder vom „Skandal des Monats“ überrascht zu werden. Alle „harten Maßnahmen“ wie eine Verschärfung von Strafen und Geldbußen oder die erweiterte Produktkennzeichnung seien von den Ländern in den gemeinsamen Aktionsplan hineinverhandelt worden. „Wir prüfen nicht mehr ob, wir prüfen nur noch wie.“ Die Länder wollten hierbei den Zeitdruck hoch halten.

Kritik an Fischers Vorschlag

Der Vorschlag des Göttinger CDU-Bundestagsabgeordneten Hartwig Fischer, Lebensmittel mit Pferdefleisch an Bedürftige zu verteilen, ist auf Kritik gestoßen. Erschreckend sei die elitäre Denkhaltung und das Verständnis von Tafeln und Bedürftigen als Resterampe der Republik, erklärte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, am Freitag laut einer Mitteilung.

Fischer hatte am Donnerstag die Lebensmittelbranche aufgefordert, die wegen Falschdeklarierung eingezogenen Nahrungsmittel „nicht aus vorauseilendem Gehorsam und Panikmache zu vernichten“. Sie sollten nach einer Neudeklarierung Hilfsorganisationen und Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden.

Der Geschäftsführer der Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission, Christian Bakemeier, sagte der „Bild“-Zeitung: „Es ist bedürftigen Menschen nicht zuzumuten, sich von nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln zu ernähren.“

Strengere Kontrollen

Infolge des Pferdefleisch-Skandals befürworten 84 Prozent der Wahlberechtigten strengere Gesetze und Kontrollen zu Kennzeichnung und Qualität von Lebensmitteln. Dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer zufolge halten das nur 15 Prozent für unnötig. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Befragten bezweifelt indes, dass es künftig zu verschärften Kontrollen kommt. 41 Prozent rechnen hingegen damit, wie die repräsentative Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen zeigt.