2013 kann die Republik bei anhaltender Schwäche der FDP in neue Farben tauchen. Schwarz-Rot? Schwarz-Grün? Oder Rot-Rot-Grün?

Berlin. Die FDP hatte schon Bescherung: In einer Forsa- Umfrage für „Stern“ und RTL kletterte sie vor Weihnachten erstmals seit September aus dem Umfragekeller wieder auf 5 Prozent. Ein Strohhalm für die Liberalen nicht nur im Bund, sondern auch für die Landtagswahl am 20. Januar in Niedersachsen. Parteichef und Vizekanzler Philipp Rösler dürfte ins Straucheln kommen, wenn die Wahl im Land seines Heimatverbandes für die FDP daneben geht. Dann drohte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch zum Schluss der Wahlperiode noch einmal eine Kabinettsumbildung.

Dies könnte unter Umständen schon zwei Tage nach der Landtagswahl noch ein anderer Termin befördern. Hier geht es um Bildungsministerin Annette Schavan (CDU). Die Promotionskommission der Universität Düsseldorf empfiehlt ein Verfahren zur Aberkennung von Schavans Doktortitel. Ein Gremium der Philosophischen Fakultät berät darüber am 22. Januar. Schavan hatte 1980 eine Dissertation zum Thema „Person und Gewissen“ geschrieben. 32 Jahre später kam im Herbst dieses Jahres der Vorwurf der Täuschungsabsicht auf. Schavan bestreitet das.

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war als Verteidigungsminister 2011 zurückgetreten, nachdem ihm sein Doktortitel wegen nachgewiesenen Abschreibens ohne Kennzeichnung aberkannt worden war. Sollte auch Schavan den Titel verlieren, hat Merkel ein Problem mehr. Keine gute Aussicht für ein Jahr, in dem Merkel auch viel Kraft brauchen wird, um mit den EU-Staats- und Regierungschefs die dramatische Verschuldung in der Eurozone in den Griff zu bekommen.

Für die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende ist die Weihnachtspause schnell zu Ende. Am 4. Januar kommt der CDU-Vorstand für zwei Tage zu einer Klausurtagung im niedersächsischen Wilhelmshaven zusammen. Am 5. Januar eröffnet Merkel in Braunschweig den CDU-Wahlkampf.

Laut Umfragen könnte die FDP in Niedersachsen an der Fünf-Prozent- Hürde scheitern, womit eine Neuauflage des von David McAllister (CDU) regierten schwarz-gelben Bündnisses hinfällig wäre und zugleich die Aussichten der gleichfarbigen Koalition im Bund getrübt würden. Bliebe noch die Landtagswahl in Bayern im September als Stimmungsbarometer für den Bund.

Merkel strebt eine dritte Amtszeit als Kanzlerin an. Seit dem 18. Dezember ist sie bereits länger im Amt als ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD). Zwei Drittel der Bürger rechnen nach der jüngsten Emnid-Umfrage für das Magazin „Reader’s Digest“ damit, dass sie auch nach der Wahl im Herbst Kanzlerin bleibt. Die Union lag in Umfragen zuletzt bei 38 Prozent und darüber, die SPD zwischen 27 und 30 Prozent, die Grünen um die 14 und die Linke um 8 Prozent. Die FDP, die lange Zeit in diesem Jahr unter 5 Prozent gesehen wurde, könnte den entscheidenden Ausschlag geben, wenn sie wieder ins Parlament kommt.

Obwohl es in der schwarz-gelben Koalition seit dem Start 2009 rumpelt und kracht, wird Merkel nicht müde, die FDP als natürlichen Partner der Union zu beschreiben. Aber außer der FDP will auch niemand mit der Merkel-Partei eine Polit-Ehe eingehen. SPD-Spitzenkandidat und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück will keinesfalls noch einmal unter Merkel einem Kabinett angehören. Die SPD hat Rot-Grün ausgerufen. Die Grünen bieten sich zudem den Unionswählern als neue Heimat an, lehnen aber die Partei als Partner ab. Die Linke ist bei den Koalitionsüberlegungen derzeit außen vor.

Aber in der CDU hält man es für möglich, dass die SPD doch Rot-Rot- Grün macht, wenn sie Merkel auf andere Weise nicht ablösen kann. Und die Kanzlerin traut der Gruppe um Schleswig-Holsteins FDP- Fraktionschef Wolfgang Kubicki zu, eine Ampelkoalition einzugehen, um an der Regierung zu bleiben – wenn die Liberalen wieder in den Bundestag kommen. Nicht die schlechteste Aussicht für SPD und Grüne, die derzeit zusammen auch keine Mehrheit haben.

Bleibt Schwarz-Grün. Christdemokraten glauben, dass Merkel zumindest eine Koalition mit ihnen ausloten könnte, um eine große Koalition zu verhindern. Dafür müssten allerdings beide Parteien weit über ihre Schatten springen. Ausgeschlossen wird es aus Machterhalts- beziehungsweise Machtgewinngründen nicht.

Zur Zerreißprobe für die Koalition noch vor der Wahl könnte die Frage der Griechenland-Rettung werden. Ein drittes Hilfspaket würde Merkel vor den beiden immer kritischer werdenden Regierungsfraktionen sChwer rechtfertigen können – erst recht im Wahlkampf, wenn Abgeordnete lieber Geschenke machen, als über Finanzrisiken durch Athen zu sprechen. Das tun sie schließlich bereits seit 2010.