„Milliardengrab“ nennen Gegner das Projekt. Bahn muss zugeben: Vorhaben wird eine Milliarde Euro teurer. Ausstieg komme aber nicht infrage.

Berlin. Das Bahnprojekt Stuttgart wird mindestens 1,1 Milliarden Euro teurer als zuletzt geplant. Diese neue Berechnung hat am Mittwoch die Deutsche Bahn vorgelegt. Demnach erhöht sich der Finanzierungsrahmen von 4,5 Milliarden auf 5,6 Milliarden Euro, wie Bahn-Vorstand Volker Kefer sagte. Hinzu kämen Risiken in Höhe von 1,2 Milliarden Euro.

Der Aufsichtsrat diese Zahlen des Vorstands nun prüfen. Kefer sagte, die Bahn wolle die 1,1 Milliarden Euro übernehmen. Das Projekt könne auf dieser Basis fortgesetzt werden. Ein Ausstieg aus dem Bau der unterirdischen Durchgangsstation und der Anbindung an die Schnellbahnstrecke wäre nicht vertragskonform und würde überdies zwei Milliarden Euro kosten.

Die Bundesregierung hat bereits bekräftigt, dass sie trotz der Mehrkosten keine neuen Hilfen für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 bereitstellt. Es bleibe dabei, dass sich der Bund mit einem Festbetrag von 563,8 Millionen Euro beteilige, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Mittwoch in Berlin. Diese Kosten fielen unter anderem an, um die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm in den Bahnknoten Stuttgart einzubinden.

Die 1,1 Milliarden Euro verteilen sich über die nächsten zehn Jahre, sagte der Vorstand für Technik und Infrastruktur. „Die Wirtschaftlichkeit des Projekts geht dadurch massiv in die Knie, wird aber nicht negativ“, fügte er hinzu. Den Risiken in Höhe von 1,2 Milliarden Euro stünden 200 Millionen Euro an Chancen für Einsparungen gegenüber. Die Risiken dürfe man nicht einfach zum neuen Kostenrahmen von 5,6 Milliarden Euro hinzurechnen, erklärte Kefer.

Der Aufsichtsrat sei über zusätzliche Risiken informiert worden, „die sich zukünftig aus externen Einflussfaktoren ergeben könnten“. Damit seien Änderungen von Auflagen und Genehmigungsverfahren und Zusatzwünsche des Landes und der Stadt gemeint.

Die Bahn beziffert allein die Kosten für einen verbesserten Flughafenbahnhof – wie ihn das Land und die Stadt wollen – auf 760 Millionen Euro. Das wären 224 Millionen Euro mehr als bisher genannt. Hier dringt der Bahn-Aufsichtsrat darauf, die anderen Projektträger - Land, Stadt und Flughafen – an den Kosten zu beteiligen.

Der Aufsichtsrat habe den Vorstand aufgefordert, die Interessen der Bahn zu sichern und „diese mittels der sogenannten Sprechklausel durchzusetzen“, teilte der Konzern mit. Ein Projektpartner kann die „Sprechklausel“ ziehen, wenn der Kostendeckel durchstoßen wird, damit alle Finanziers gemeinsam über die Zukunft von S 21 sprechen.

Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer begrüßte im Sender „Phoenix“, dass die Bahn nun erstmals „ihren aktuellen Erkenntnisstand einigermaßen ehrlich der Öffentlichkeit darlegt“. Die Kostensteigerung sei aber sicher nicht das Ende der Fahnenstange, sagte der Wortführer der Projektgegner. „Es kann noch viel teurer werden. Das dicke Ende kommt am Schluss.“