Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück ist der einzige Bewerber. Er will die 600 Delegierten mit einstündiger Rede überzeugen.

Hannover. Etwa zehn Monate vor der Bundestagswahl will die SPD auf einem Parteitag in Hannover heute offiziell ihren Kanzlerkandidaten bestimmen. Einziger Bewerber ist der frühere Finanzminister Peer Steinbrück, der bereits Anfang Oktober vom SPD-Vorstand einstimmig nominiert wurde. Die Wahl durch die 600 Delegierten ist geheim. Gerechnet wird mit einem Ergebnis über 90 Prozent.

Zuvor will der 65-Jährige in einer etwa einstündigen Rede präzisieren, mit welchem Programm er die SPD in die Regierung zurückführen will. Erwartet wird ein klares Bekenntnis zu einem rot-grünen Bündnis im Bund. Am Sonnabend hatte er nach einer SPD-Vorstandssitzung in Hannover angekündigt, das Thema Gerechtigkeit in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes zu rücken. Voraussichtlich wird er auch zu den Debatten um seine Nebenverdienste Stellung nehmen.

Eröffnet wurde der auf fünf Stunden angesetzte Kongress von der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Vor Steinbrück redet Parteichef Sigmar Gabriel. Voraussichtlich wird auch Alt-Kanzler Helmut Schmidt das Wort ergreifen. Der 93-Jährige hatte sich als einer der ersten dafür ausgesprochen, Steinbrück als SPD-Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel ins Rennen zu schicken.

Für kanzlertauglich halten Steinbrück nach einer Emnid-Umfrage allerdings nur 41 Prozent der Bürger. Eine knappe Mehrheit von 52 Prozent traut ihm das Amt nicht zu, wie die Erhebung für die „Bild am Sonntag“ ergab. Das Zutrauen in Steinbrück ist bei den Frauen mit 47 Prozent überraschend größer als bei den Männern mit nur 35 Prozent. Bisher war Steinbrück vorgehalten worden, bei vielen Frauen nicht anzukommen.

Im wöchentlichen Sonntagstrend der Zeitung verharrt die SPD bei 28 Prozent. CDU und CSU legen dagegen um zwei Punkte auf ihren höchsten Wert seit Februar 2006 zu: 40 Prozent. Grüne (14 Prozent) und FDP (4 Prozent) bleiben ebenfalls unverändert. Linkspartei (7 Prozent) und Piratenpartei (3 Prozent) müssen einen Punkt abgeben. Damit hätte weder Rot-Grün eine Mehrheit noch Schwarz-Gelb angesichts des rechnerischen Ausscheidens der FDP.

Gabriel stellt SPD auf schwierige Regierungsjahre ein

Die SPD will den Kampf gegen die Armut und für gute Löhne in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes 2013 stellen. „Wir werden das Kernversprechen des Sozialstaats wieder einlösen“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Sonntag auf dem SPD-Parteitag in Hannover. Wer arbeiten gehe, müsse davon auch leben können.

„Sozial ist, was Arbeit schafft, von der man leben kann“, betonte Gabriel. Die SPD kämpfe daher für einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Wenn die SPD den Kanzler stelle, dann müsse sie auch den Kampf gegen die Armut aufnehmen und für gleiche Löhne von Frauen und Männern sorgen.

Gabriel stellte seine Partei auf schwierige Regierungsjahre ein, sollte sie mit Peer Steinbrück den nächsten Kanzler stellen. „Die Zeiten sind stürmisch. Die Krise wird auch Deutschland erreichen“, warnte Gabriel. Es werde kein leichtes Regierung in den kommenden Jahren. Europa stehe mitten in seiner größten Bewährungsprobe. Jetzt räche sich bitter, dass die Regierung von Angela Merkel nichts getan habe, damit Wachstum und Arbeit gefördert werden.

Die SPD stehe dafür, dass sie in Umbruchzeiten Kurs halte, betonte Gabriel weiter. Dies hätten die SPD-Kanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder gezeigt. In dieser Tradition werde auch Peer Steinbrück der nächste Kanzler sein, zeigte sich Gabriel überzeugt.

Spitzenkandidat Weil: SPD „ganz kurz“ vor Wahlsieg in Niedersachsen

Der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl in Niedersachsen, Stephan Weil, will mit einem Wahlsieg am 20. Januar die Vorlage für einen Regierungswechsel auch im Bund geben. Er wolle einen Beitrag dazu leisten, dass im Bund die schlechteste Bundesregierung aller Zeiten abgelöst werde, sagte Weil am Sonntag in einem Grußwort auf dem SPD-Parteitag in Hannover.

Mit Blick auf Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte Weil, dieser könne Kanzler. „Wir werden uns für Peer Steinbrück zerreißen“, versicherte der niedersächsische Spitzenkandidat.

Der Hannoveraner Oberbürgermeister zeigte sich zugleich zuversichtlich, dass SPD und Grüne die nächste Koalition in Niedersachsen stellen. „Wir stehen ganz kurz davor“, sagte Weil mit Blick auf die Umfragewerte, die einen Drei-Parteien-Landtag voraussagen. Die CDU ist demnach zwar den Umfragen zufolge stärkste Partei, jedoch reicht es für eine rot-grüne Mehrheit.