Erste Umfragen sehen SPD trotzdem chancenlos gegen Merkel. Parteimitglieder begrüßen Entscheidung um die Kandidatur.

Jetzt auch von höchster Stelle: SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat in einer Telefonkonferenz mit den Mitgliedern des Parteivorstandes am Freitag bestätigt, dass er den ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat für 2013 vorschlagen wird. An der Telefonkonferenz habe auch Steinbrück teilgenommen. Er wurde von Teilnehmern mit der Äußerung zitiert: „Das Programm muss zum Kandidaten passen und der Kandidat zum Programm.“ Gabriel werde ihn am Montag in einer Sondersitzung des Parteivorstandes förmlich vorschlagen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier in einer internen SPD-Telefonschalte seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur begründet. Demnach sagte er: „Ich habe vor einiger Zeit die Entscheidung getroffen, nicht anzutreten. Es ist eine persönliche Entscheidung. Jetzt werde ich alles dafür tun, damit Steinbrück Kanzler wird.“ Das berichtet die ”Bild”-Zeitung.

Bereits am Morgen hatten übereinstimmende Medienberichte die Kandidatur veröffentlich. Die frühere Justizministerin Brigitte Zypries hatte am Freitag auf ihrer Facebook-Seite geschrieben: „Er wird es! Gratulation!“ Zuvor hatte die Nachrichtenagentur dpa gemeldet, dass nach dem Rückzug von Parteichef Sigmar Gabriel jetzt auch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für die Position nicht mehr zur Verfügung steht.

Noch am Nachmittag wollen der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der voraussichtliche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor die Presse treten. Nach Angaben der SPD ist für Freitag um 15.15 Uhr eine Pressekonferenz im Berliner Willy-Brandt-Haus geplant.

Umfrage sieht SPD chancenlos
Laut einer Umfrage des ZDF-”Politbarometer” haben aber weder der voraussichtliche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück noch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier oder Parteichef Sigmar Gabriel im direkten Vergleich derzeit eine Chance gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Nur 36 Prozent der Befragten wäre ein Herausforderer Steinbrück als Regierungschef lieber, wenn er bei der Bundestagswahl gegen Merkel antreten würde. 53 Prozent wären für die derzeitige Kanzlerin.

Gleichauf mit Steinbrück lag Steinmeier, bevor er auf eine Kandidatur verzichtete: 36 Prozent gegen 54 Prozent für Merkel. Am deutlichsten wäre Merkels Vorsprung (63 Prozent) gegenüber Gabriel. Nur 27 Prozent hätten den SPD-Chef lieber als Bundeskanzler gesehen. Die übrigen Befragten antworteten auf die Frage, wen sie lieber als Regierungschef sähen: „Weiß nicht.“ Am Freitag war bekanntgeworden, dass der frühere Bundesfinanzminister Steinbrück aller Voraussicht nach nächster SPD-Kanzlerkandidat wird. Gabriel erklärte sich zunächst nicht offiziell.

Steinbrück in Kritik wegen vermeintlicher Spendenaffäre
Ursprünglich hatte die SPD sich erst nach der Wahl in Niedersachen am 20. Januar 2013 in der Frage der Kanzlerkandidatur entscheiden wollen. Aufgrund des steigenden öffentlichen und parteiinternen Drucks hatte innerhalb der Partei aber niemand mehr an diesen Termin geglaubt. Zunächst hatte Parteichef Sigmar Gabriel Ende vergangener Woche seine Bewerbung um die Merkel-Herausforderung zurückgezogen. Nun wirft also auch Frank-Walter Steinmeier hin.

Bereits in den vergangenen Wochen hatte sich die Kanzlerfrage immer mehr auf Steinbrück zugespitzt. Mit ihm an der Spitze rechnen sich die Sozialdemokraten die größten Chancen gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aus.

Allerdings ist Steinbrück in den vergangenen Tagen wegen einer vermeintlichen Spendenaffäre in die Kritik geraten. In seiner Zeit als Bundesfinanzminister soll er laut einem Bericht des Magazins "Focus" die Post und Telekom um Sponsorengelder für ein Schachturnier in seinem Wohnort Bonn gebeten haben. Der Bund ist größter Einzelaktionär von Post und Telekom.

Aus Sicht von Aktienrechtlern hätte Steinbrück nicht um Spenden werben dürfen. FDP und CDU verlangten am Sonntag weitere Aufklärung. Peer Steinbrück wies die Anschuldigungen zurück und wehrt sich gegen den Vorwurf des Amtsmissbrauchs.

Kurz nach Bekanntwerden von Steinbrücks Kandidatur hat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel seine Teilnahme am heutigen Kommunalkongress der bayerischen SPD-Landtagsfraktion in München kurzfristig abgesagt.