Diskussion über Umgang mit Steuersündern in der Schweiz. Justizministerin unterstützt Vorstoß aus Hessen. Steuerbeamte ausgenommen.

Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will die Hehlerei mit Daten deutscher Steuerhinterzieher im Ausland unter Strafe stellen. Die FDP-Politikerin unterstützte am Wochenende eine Initiative aus Hessen zur Einführung eines entsprechenden Straftatbestandes. „Das ist auch unabhängig von Steuer-CDs heute ein wichtiges Thema, weil in unserer vernetzten Welt Daten wirtschaftlichen Wert repräsentieren und in dieser Hinsicht genauso geschützt werden müssen wie andere kommerziell verwertbare Güter“, sagte die Ministerin der „Rheinischen Post“. Die Opposition warf ihr vor, sich zur Lobbyistin von Steuerhinterziehern zu machen.

Anlass der Diskussion ist der Kauf von Daten deutscher Steuerhinterzieher durch Behörden in der Bundesrepublik, die bei Schweizer Banken gestohlen worden waren. Vor allem Nordrhein-Westfalen hat mehrfach solche Datenträger erworben. Auf Initiative Hessens hatte die deutsche Justizministerkonferenz im Juni beschlossen, Datenhehlerei unter Strafe zu stellen. Allerdings hieß es in dem Beschluss auch: „Der Straftatbestand soll nicht den Erwerb von Daten erfassen, der ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient (zum Beispiel Ankauf von Steuerdaten).“

Offen blieb, ob sich die Ministerin nur der Initiative anschließen oder für weitergehende Regelungen einsetzen will. Ein Sprecher ihres Ministeriums machte dazu keine Angaben. Der „Süddeutschen Zeitung“ sagte die FDP-Politikerin, ihr Ministerium prüfe derzeit, wie eine Regelung gegen den Ankauf illegal erlangter Steuerdaten ausgestaltet werden könne. Man könne Steuerhinterziehung nicht mit Hilfe von Kriminellen und „windigen Datenhehlern“ bekämpfen, sagte sie laut Vorabmeldung.

In der „Rheinischen Post“ kritisierte die Ministerin zudem: „Der Ankauf bewegt sich in einem hochproblematischen Graubereich, nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch juristisch.“ Die Rechtslage sei nicht immer einleuchtend.

Zugleich warb sie für das Steuerabkommen mit der Schweiz, das den Kauf von CDs überflüssig machen soll. Vorgesehen ist darin die anonyme Besteuerung deutscher Schwarzgelder in der Eidgenossenschaft. Der Vertrag wird bei der Abstimmung im Bundesrat im Herbst aber voraussichtlich am Widerstand von SPD und Grünen scheitern. Ihnen kommen Steuerhinterzieher zu billig davon. Union und FDP haben in der Länderkammer keine Mehrheit.

+++ Justizministerin will Ankauf von CDs gesetzlich verbieten +++

+++Steuerdatendieb in Schweiz verhaftet – Kunden informiert+++

+++Hamburg will sich am Kauf von Steuer-CDs beteiligen+++

Für ihr Vorhaben wurde Leutheusser-Schnarrenberger von der Opposition scharf kritisiert. „Leutheusser-Schnarrenberger macht sich zur Lobbyistin für kriminelle Steuerhinterzieher“, erklärte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Sie wolle Betrüger, die ihr Geld ins Ausland schafften, per Gesetz beschützen. Ähnlich äußerte sich die Linkspartei.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) verwies auf ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2010, in dem NRW gebeten wird, angebotene Steuerdaten unverzüglich zu kaufen. In dem Brief, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ist zudem eine rechtliche Einschätzung enthalten: Demnach machen sich die Amtsträger mit dem Kauf nicht strafbar. Die Beweismittel könnten zudem in Steuer- und Strafverfahren verwendet werden.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig rechtfertigte den Daten-Kauf als legitim. „Ich bin dafür, alle Steuer-CDs zu kaufen, derer wir habhaft werden können, und sie zu nutzen“, sagte der SPD-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Das bringe dem Fiskus sehr viel Geld. Dagegen sagte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Michael Meister im NDR, der Ankauf von CDs ermuntere Menschen in anderen Ländern zu Unrechtstaten.

Mit Material von Reuters