HOCHWASSERHILFE Auch im Bundestag streiten Schröder und Stoiber über den Weg der Finanzierung. Berlin

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) haben sich gestern im Bundestag für eine schnelle Hochwasserhilfe ausgesprochen, aber über die Finanzierung gestritten. Die von der Bundesregierung geplante Verschiebung der nächsten Stufe der Steuerreform bezeichnete Stoiber als einen "schweren Fehler". Schröder hingegen verwarf den Plan der Union, die Gewinne der Bundesbank für die Fluthilfe heranzuziehen. Zu Beginn der Sondersitzung gedachte der Bundestag der 18 Menschen, die bei der Flut ums Leben kamen. "Wir wollen die Aufbauleistungen nicht auf Pump finanzieren und damit nachkommenden Generationen auf die Schultern legen", sagte Schröder in seiner Regierungserklärung. Nichts anderes jedoch bedeute der Vorschlag der Union, die Bundesbankgewinne für die Fluthilfe einzusetzen. Mit der Verschiebung der zweiten Stufe der Steuerreform um ein Jahr auf 2004 würden die Lasten hingegen "fair und sozial ausgewogen" verteilt, sagte der Kanzler. Eine Verwendung der Bundesbankgewinne sei auch wegen der internationalen Verpflichtungen nicht ratsam, sagte Schröder mit Blick auf den europäischen Stabilitätspakt. Überraschend kündigte der Kanzler die Berufung eines Rates von ehemaligen Politikern an, die Streitfälle bei der Verteilung von Hilfsgeldern schlichten sollen. Geleitet wird die Kommission vom früheren Bundespräsidenten und CDU-Politiker Richard von Weizsäcker. "Wir wollen uns nicht auf dem Rücken der Opfer über den Weg zerstreiten", entgegnete Stoiber dem Kanzler. Bei einem Wahlsieg werde er das rot-grüne Finanzierungskonzept aber stoppen und den Unions-Vorschlag umsetzen. "Steuern runter für alle und Hilfen für die Opfer der Flut, das ist unser Konzept", sagte Stoiber. Er räumte ein, dass bei einer Verwendung der Bundesbankgewinne der Schuldenberg wachsen würde. Höhere Zinsen seien aber im Vergleich zu höheren Steuern das kleinere Übel. Durch die Verschiebung der für 2003 geplanten Steuerreformstufe auf 2004 und die für ein Jahr befristete Erhöhung der Körperschaftsteuer von 25 auf 26,5 Prozent will die Bundesregierung 7,1 Milliarden Euro für den Wiederaufbau freisetzen. Insgesamt sollen zehn Milliarden in die Schadensbeseitigung investiert werden. Der Gesetzentwurf soll voraussichtlich am 12. September abschließend im Bundestag beraten und bereits einen Tag später vom Bundesrat verabschiedet werden. In erster Lesung stimmten Union und FDP gegen das Konzept. Ihre Zustimmung in der Länderkammer hat die Union allerdings zugesagt. Redner aller Fraktionen würdigten die Solidarität mit den Opfern. Schröder sprach von einer außergewöhnlichen Demonstration des Gemeinsinns. Die Hilfsbereitschaft habe gezeigt, "dass aus der deutschen Einheit die Einheit der Deutschen, und zwar im Kopf und in den Herzen geworden ist". Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sprach von einer "überwältigenden Mitmenschlichkeit", die die Menschen im Land nie vergessen würden.