Bundesjustizministerin will Datenhehlerei strafbar machen, die NRW-Regierung läuft Sturm. Denn sie kauft auch illegal beschaffte Daten.

Berlin. Nordrhein-Westfalen bleibt auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung: Mit deutlichen Worten verwahrten sich Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Justizminister Thomas Kutschaty (beide SPD) am Sonnabend dagegen, den Ankauf illegal beschaffter Steuerdaten zu verbieten – ein Geschäft, dass NRW seit langem betreibt. Die Vorwürfe richten sich insbesondere gegen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit ihrer Forderung nach einem Gesetz gegen Datenhehlerei.

Leutheusser-Schnarrenberg hatte der „Rheinischen Post“ gesagt: „Ich unterstütze meinen hessischen Kollegen Jörg-Uwe Hahn, der eine Gesetzesinitiative gegen Datenhehlerei auf den Weg bringen will. Er plädiert für eine Strafbarkeit des Ankaufs und Erwerbs illegal erhobener Daten.“ Kutschaty wies darauf hin, dass in dieser Initiative allerdings der Ankauf von Steuerdaten ausdrücklich von der Strafbarkeit ausgenommen wird. Ob Leutheusser-Schnarrenberger ein Gesetz will, das über diese Pläne hinaus geht, blieb bei einer Nachfrage in ihrem Ministerium zunächst offen.

+++ Justizministerin will Ankauf von CDs gesetzlich verbieten +++

Walter-Borjans warf ihr aber vor, sie wolle Steuerbetrüger schützen. Das Bundesfinanzministerium habe noch vor zwei Jahren den Ankauf solcher Daten ausdrücklich für rechtmäßig und sogar für geboten gehalten. „Und jetzt kündigt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger unter dem Deckmantel der Wahrung von Rechtsstaatlichkeit eine Gesetzesinitiative zum Schutz von Steuerbetrügern an“, kritisierte der NRW-Finanzminister. Sein Justiz-Kollege Kutschaty sagte: „Wer die vom Bundesverfassungsgericht gebilligte Arbeit der Steuerbehörden unter Strafe stellen will, um Steuerstraftäter zu schützen, der offenbart sein wahres Gesicht“,

Scharfe Kritik kam auch von der Opposition in Berlin: Ein Verbot des Ankaufs von Steuer-CDs mit den Daten mutmaßlicher Betrüger sei „FDP-Klientelpolitik für kriminelle Reiche“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Grünen-Chef Cem Özdemir erklärte: „Die schwarz-gelbe Koalition kann am Ende ihrer Amtszeit eine Bilanz sicher ziehen: Sie hat alles gegeben, um jene Steuerhinterzieher vor den deutschen Steuerbehörden zu schützen, die ihr Vermögen ins Ausland geschafft und dort versteckt haben.“

Baden-Württembergs SPD-Finanzminister Nils Schmid zeigte sich empört: Wenn jemand Steuerdaten vorenthalte, habe der Staat Anrecht darauf. „Er holt sich nur zurück, worauf er Anspruch hat. Deshalb ist das auch keine Hehlerei“, so Schmid. „Und jetzt dem Staat dieses Mittel aus der Hand zu reißen, wäre fatal.“

Auch die Deutsche Steuer-Gewerkschaft protestierte: „Statt sich als Justizministerin klar und deutlich hinter die deutschen Strafverfolger zu stellen, ergreift sie Partei für hart gesottene Steuerhinterzieher und ihre Helfer bei Schweizer Banken“, sagte Gewerkschafts-Chef Thomas Eigenthaler der „Bild am Sonntag“.

+++Steuerdatendieb in Schweiz verhaftet – Kunden informiert+++

+++Hamburg will sich am Kauf von Steuer-CDs beteiligen+++

Auch das Bundesland Bremen befürwortet den Ankauf weiterer Steuer-CDs aus der Schweiz. „Wir sind dafür, solche CDs anzukaufen“, sagte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) dem „Weser-Kurier“ (Sonnabendausgabe). Zugleich forderte sie die Bundesregierung auf, das Steuerabkommen mit dem Nachbarland in der geplanten Form nicht zu unterschreiben.

Das Steuerabkommen mit der Schweiz nannte die Grünen-Politikerin verfassungsrechtlich problematisch und steuerpolitisch falsch. „Dass darin stehen soll, dass wir keine CDs mehr ankaufen dürfen, kann man rein rechtlich nicht akzeptieren“, sagte sie. Schon „von Amts wegen“ könne sie es nicht ablehnen, Daten zu prüfen, wenn jemand an sie herantritt und Beweismaterial über Bremer Steuersünder anbiete.

Mit Material von dpa