Der Streit um den Kauf von Steuer-CDs mit den Daten mutmaßlicher Betrüger spitzt sich zu. Opposition kritisiert Vorstoß scharf – Strafanzeige gegen NRW-Finanzminister.

Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will Ankauf und Auswertung von Steuer-CDs per Gesetz unterbinden. „Ich unterstütze meinen hessischen Kollegen Jörg-Uwe Hahn, der eine Gesetzesinitiative gegen Datenhehlerei auf den Weg bringen will“, sagte die Ministerin der „Rheinischen Post“ (Samstagsausgabe). Der Landesjustizminister plädiere „für eine Strafbarkeit des Ankaufs und Erwerbs illegal erhobener Daten“.

Der Ankauf der elektronischen Datenträger sorgt seit Monaten für Streit. Zuletzt hatte das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen Steuer-CDs aus der Schweiz erworben, um deutschen Steuersündern auf die Spur zu kommen. Das Bundesfinanzministerium kritisierte den Ankauf. Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) pocht auf die Umsetzung eines Steuerabkommens mit der Schweiz, dessen Ratifizierung die SPD bisher im Bundesrat verhindert.

Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte die Blockade der SPD-geführten Länder: „Mit dem Abkommen wollten wir eine legale Grundlage schaffen, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Ich finde es unverantwortlich, dass SPD und Grüne das Steuerabkommen aus populistischen Gründen scheitern lassen.“

Die Opposition reagierte verärgert auf den Vorstoß der Bundesjustizministerin. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte in Berlin, Leutheusser-Schnarrenberger mache sich „zur Lobbyistin für kriminelle Steuerhinterzieher. Sie will Betrüger, die ihr Geld ins Ausland schaffen, auch noch per Gesetz beschützen“. Nahles bezeichnete den Ankauf von Daten-CDs als „richtig und wichtig, um Steuerbetrug ans Licht zu bringen“.

Auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte die Bundesjustizministerin scharf. „Die Rechtmäßigkeit des Ankaufs von Steuer-CDs ist höchstrichterlich bestätigt“, sagte Poß am Samstag in Berlin und fügte hinzu: „Leutheusser-Schnarrenberger und ihre FDP müssen schon große Angst haben um ihre steuerhinterziehende Klientel.“ SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann forderte: „Der Ankauf von Steuer-CDs muss legal bleiben.“

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir prangerte die Pläne der Justizministerin an: „Die schwarz-gelbe Koalition kann am Ende ihrer Amtszeit eine Bilanz sicher ziehen: Sie hat alles gegeben, um jene Steuerhinterzieher vor den deutschen Steuerbehörden zu schützen, die ihr Vermögen ins Ausland geschafft und dort versteckt haben.“

Linke-Fraktionsvize Ulrich Maurer nannte die FDP eine „Steuerhinterzieherbeschützerpartei“. Dass die Liberalen den Ankauf der CDs gesetzlich verbieten wollten, käme „einer Beihilfe zur Steuerflucht gleich“.

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft warf Leutheusser-Schnarrenberger vor, sich mit ihrer Ankündigung auf die Seite von Steuerhinterziehern zu stellen. „Damit sollen die Gegner des Steuerabkommens mundtot gemacht werden“, sagte der Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler der „Bild am Sonntag“ mit Blick auf die geplante bilaterale Regelung mit der Schweiz.

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Wie die „Wirtschaftswoche“ berichtete, hat der Düsseldorfer Steuerrechtsexperte Thomas Koblenzer Strafanzeige gegen den nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wegen des Ankaufs von Steuer-CDs aus der Schweiz gestellt. Der Anwalt und Honorarprofessor habe außerdem Mitarbeiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wuppertal und der Oberfinanzdirektion Rheinland angezeigt, schreibt das Blatt. Koblenzer werfe ihnen unter anderem unbefugtes Beschaffen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, Verleiten von Datenhehlern zum Verrat und Verstoß gegen das Datenschutzgesetz vor. Derzeit prüfe die Staatsanwaltschaft Köln, ob sie Ermittlungen aufnimmt