Der Internet-Konzern protestiert gegen das neue Leistungsschutzrecht. Auch die Journalisten sollen von der neuen Regelung profitieren.

Berlin. Die größte Suchmaschine wählte die drastischsten Worte: Google, der US-amerikanische Internetgigant mit den sechs bunten Buchstaben, ging die Bundesregierung heftig an für das gestern verabschiedete Leistungsschutzrecht. "Das ist ein schwarzer Tag für das Internet in Deutschland. Das geplante Gesetz trifft jeden Internetnutzer", erklärte Google-Sprecher Kay Oberbeck. "Das Suchen und Finden im deutschen Netz wird massiv gestört. Dieser Eingriff in das Internet ist weltweit ohne Beispiel."

Grund für die Aufregung: Mit dem neuen Gesetz soll eine unberechtigte gewerbliche Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet verhindert werden. Wie das Bundesjustizministerium von Sabine Leutheusser-Schnarrenverger (FDP) mitteilte, sollen Suchmaschinenbetreiber und Anbieter vergleichbarer Dienste zu Zahlungen verpflichtet werden. Presseverlage können dann von ihnen für ihre Artikel im Netz Lizenzgebühren verlangen. In der Begründung des Ministeriums heißt es, Presseverleger würden durch das Gesetz vor der "systematischen Nutzung" ihrer verlegerischen Leistung durch solche Unternehmen geschützt, "die ihr spezifisches Geschäftsmodell gerade auf diese Nutzung ausgerichtet haben". Werden Texte dennoch unerlaubt verwendet, können die Verlage auf Unterlassung klagen.

Verbände, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, Rechtsanwaltskanzleien, Blogger oder private und ehrenamtliche Nutzer werden in dem Gesetz ausdrücklich von der Regelung ausgenommen. Auch die reine Verlinkung und Nutzungen "im Rahmen der Zitierfreiheit" bleiben erlaubt.

Das neue Gesetz bedeute "weniger Informationen, höhere Kosten und massive Rechtsunsicherheit", erklärte Google. Die deutsche Internetgemeinde, Netzpolitiker aller Parteien, die Wirtschaft und führende Wissenschaftler würden das Gesetz ablehnen. "Wir hoffen, dass der Deutsche Bundestag dieses Gesetz stoppen wird", erklärte Google-Sprecher Oberbeck.

Dagegen sieht Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) das neue Recht als "wichtiges Signal für den Schutz des geistigen Eigentums auch im Internet". Presseverleger bekämen ein rechtliches Fundament zur Durchsetzung ihrer Rechte im Netz. Der Entwurf berücksichtige auch die Belange der Journalisten als Urheber. Sie sollen an den Erträgen ihrer Leistungen beteiligt werden. Der IT-Branchenverband Bitkom kritisierte jedoch den weltweit einmaligen Alleingang der Bundesregierung, der an internationale Gründer und Investoren ein ungutes Signal aussende. "Innovative Online-Dienste sind in Deutschland nicht erwünscht. Junge Web-Unternehmen werden so von Deutschland abgeschreckt", erklärte der Verband. Der Entwurf lasse offen, welche Dienste gemeint seien. Diese Unsicherheit werde dazu führen, dass innovative Online-Angebote im Bereich der Medienbeobachtung oder der Aggregation von Inhalten vom deutschen Markt vertrieben werden.

Die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage ist als Ziel schon im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb aus dem Jahr 2009 enthalten. Das Projekt ist seitdem heftig umstritten. Vor allem im Internet laufen Nutzer Sturm gegen das Vorhaben. Die Parteichefs von CDU, CSU und FDP hatten Anfang Juni aber vereinbart, dass das Vorhaben nun umgesetzt werden soll. Vor allem ein früherer Gesetzentwurf war umstritten, weil befürchtet worden war, dass auch Privatblogger kräftig zur Kasse gebeten werden.

Weiterhin brachte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf auf den Weg, der gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Wer mit Suizidbeihilfe Geld verdient, muss künftig mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe rechnen. Aktuell ist die Rechtslage unklar: Während die Selbsttötung und die Beihilfe dazu nicht verboten sind, steht die Tötung auf Verlangen unter Strafe. Doch die Abgrenzung ist oft schwierig. Gerichte haben in Einzelfällen unterschiedlich geurteilt. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger machte gestern nochmals deutlich, dass der Gesetzentwurf nichts erlaube, was derzeit unter Strafe stehe. Von einer Ausweitung der Suizidhilfe könne keine Rede sein.

Eine Ausnahme von der Strafbarkeit sehe der Entwurf indes für Angehörige und andere nahestehende Personen vor. Ehe- und Lebenspartner sollten nicht kriminalisiert werden, argumentiert die FDP-Politikerin. Angehörige oder enge Freunde, die einen Sterbewilligen begleiten, verdienten Respekt - auch dann, wenn er kommerzielle Hilfe in Anspruch nimmt.

Vereinbart wurde schließlich auch die Senkung des Rentenbeitrags. Er soll am 1. Januar von 19,6 Prozent auf voraussichtlich 19,0 Prozent sinken. Die exakte Zahl soll im November eingefügt werden, wenn neue Berechnungen über die Rentenkasse vorliegen. Doch im Bundesrat wird Widerstand erwartet. Arbeitnehmer und Unternehmen werden laut Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in einem Umfang von etwa 5,4 Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Ein durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer spart etwa zehn Euro im Monat.