Berlin. Am Ende sprach auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) von einem guten Kompromiss. Denn bei der neuen Haftungsregelung zum Ausbau der erneuerbaren Energien werden auch Unternehmen belastet, nicht nur die privaten Verbraucher. So müssten gewerbliche Stromkunden bis zu einem Jahresverbrauch von einer Million Kilowattstunden die volle Umlage (3,592 Cent pro Kilowattstunde) zahlen, bei höherem Verbrauch 0,05 beziehungsweise 0,025 Cent pro Kilowattstunde. Das aber nur für den Fall, dass die Netze nicht rechtzeitig stehen, um den Strom aus den neuen Windkraftanlagen im Meer zu den Verbrauchern zu bringen.

Die Bundesregierung wälzt damit einen Teil des Risikos auf die Verbraucher ab. Nach der jetzt beschlossenen Offshore-Haftungsregelung zahlen künftig die privaten Kunden über ihre Stromrechnung Schadenersatz von maximal 0,25 Cent pro Kilowattstunde, sollte eine Netzanbindung der Windparks nicht rechtzeitig fertig werden.

Für Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ist damit eine "wichtige Hürde hin zu einem schnelleren Ausbau und Anschluss von Offshore-Windkraft übersprungen". Die Kosten für Verbraucher würden begrenzt. Der Eigenanteil der Netzbetreiber werde erhöht. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) sagte, der nächste Schritt müsse sein, dafür zu sorgen, "dass der Strom vom Meer auch seinen Weg in die Verbrauchszentren findet". Greenpeace warf Rösler und Altmaier vor, sie seien bisher gegen die zu hohen Stromkosten zu Felde gezogen, die angeblich durch den Ausbau der erneuerbaren Energien verursacht würden. "Heute treiben sie die Preise weiter in die Höhe. Dies zeigt, das Thema Strompreise wird in der Bundesregierung nicht sachlich, sondern allein aus wahltaktischen Erwägungen debattiert."

Die Linke-Abgeordnete Johanna Voß kritisierte, dass Stromkunden für das Unternehmensrisiko der Netzbetreiber haften sollen, ohne an deren Gewinnen beteiligt zu werden. Die ergebnislose Investorensuche des Netzbetreibers Tennet zeige, dass sich trotz einer garantierten Rendite von 9,05 Prozent keine privatwirtschaftliche Lösung für Stromnetze finden lasse.

Die Allianz-Versicherung als möglicher Investor lobte das Gesetz: "Es kann nur gut sein für die Offshore-Windbranche, weil es die Verteilung der Kosten und Risiken unter den Marktteilnehmern deutlicher macht". Die Allianz hat in den vergangenen Jahren 1,3 Milliarden Euro in 42 Wind- und Solarprojekte in Deutschland, Frankreich und Italien investiert.