Im Regensburger Organspende-Skandal hat Justizministerin Beate Merk (CSU) die Staatsanwaltschaft verteidigt. Diese habe die Ermittlungen 2005 einstellen müssen, da es keinen konkreten Nachweis gegeben habe.

Regensburg/Stuttgart. Im Transplantations-Skandal an der Universitätsklinik Regensburg rechnet die Staatsanwaltschaft bislang mit einem einzelnen Beschuldigten. „Es gibt keine Hinweise, dass es sich nicht um einen Einzeltäter handelt“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg, Wolfhard Meindl am Freitag auf dapd-Anfrage.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass auch nach dem Abschied des verdächtigten Arztes aus Regensburg die Zahl der Lebertransplantationen am Universitätsklinikum noch einmal drastisch angestiegen sei und dies als möglichen Hinweis auf weitere Beteiligte gewertet. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, wirft Bayern Versagen vor.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) verteidigt die Staatsanwaltschaft. Diese habe die Ermittlungen 2005 einstellen müssen, da es keinen konkreten Nachweis gegeben habe, sagte Merk am Freitag in Augsburg bei einem Besuch des Landgerichts. Sie sehe kein Versäumnis der Justiz.

Hauptverdächtiger der Vorfälle am Uniklinikum Regensburg ist ein Oberarzt, der dort zwischen 2003 und 2008 tätig war und danach nach Göttingen wechselte. In den Jahren 2004 bis 2006 soll er in Regensburg mindestens 23 Patientenakten von möglichen Organempfängern manipuliert haben, um ihnen zu einer Lebertransplantation zu verhelfen. Sein ehemaliger Vorgesetzter ist inzwischen beurlaubt, weil er möglicherweise seiner Kontrollpflicht nicht ausreichend nachgekommen ist.

Nach dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ stieg die Zahl der Lebertransplantationen in Regensburg innerhalb eines Jahres um mehr als 40 Prozent von 48 Transplantationen 2008 auf 69 im Jahr 2009 an. Eine solche Steigerung gelte als ungewöhnlich, zumal selbst die größten deutschen Transplantationszentren nur rund 100 Lebern pro Jahr transplantieren.

Klinik will sich noch äußern

Die Staatsanwaltschaft hat diese Informationen Meindl zufolge bislang nicht vorliegen. Allerdings schrillen dort alleine wegen der steigenden Zahlen auch nicht „die Alarmglocken“, stellte Meindl klar. Die Steigerung könne auch andere Gründe haben, wie etwa das Renommeé einer Klinik. Er sehe auch keinen Grund, an der völligen Offenheit der Klinik zu zweifeln. Die Staatsanwaltschaft forderte inzwischen Krankenakten und schriftliche Dokumentationen von der Krankenhausleitung an. Die Sichtung der Unterlagen werde geraume Zeit in Anspruch nehmen. Erst dann werde man über weitere Ermittlungen entscheiden, sagte Meindl.

Die Universitätsklinik kündigte für den Nachmittag eine Stellungnahme an.

Unterdessen entspinnt sich eine politische Diskussion um die Vorfälle in Regensburg. Ärzte-Präsident Montgomery warf den staatlichen Gremien in Bayern vor, versagt zu haben. Mit Blick auf erste Verfehlungen im Jahr 2005 sagte Montgomery: „Wir haben mit den bayerischen Institutionen gesprochen.“ Weder das Wissenschaftsministerium noch die Strafverfolgungsbehörden hätten ein Interesse gezeigt, die Unregelmäßigkeiten ganz aufzuklären.

Nach Angaben der Uniklinik Regensburg waren im Jahr 2005 jordanische Patienten unberechtigterweise auf die europäische Warteliste für Organtransplantationen gelangt. Dem Wissenschaftsministerium zufolge war damals der beschuldigte Oberarzt an der Transplantation einer Leber in Jordanien beteiligt.

Ministerium weist Vorwürfe zurück

Das Wissenschaftsministerium stellte am Freitag klar, die bayerischen Behörden hätten „umgehend auf den Vorfall im Jahr 2005 reagiert“. Das Sozialministerium habe den Vorgang unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. „Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat das Ermittlungsverfahren eingestellt.“ Zudem hätten bayerische Ministerien anschließend gemeinsam mit der Bundesärztekammer Richtlinien für die Tätigkeit von Mitarbeitern der Universitätskliniken im Ausland erarbeitet.

Die Vorfälle in Regensburg erreichen inzwischen auch den Landtag. Die Grünen-Fraktion verlangt einen umfassenden Bericht zu den Vorfällen im Gesundheitsausschuss.

Mit Material von dapd und dpa