Im Dickicht des deutschen Gesundheitswesens gibt es Absprachen zwischen einem niedergelassenen Arzt und einem Krankenhaus: Schickst du mir Patienten in die Klinik, sorge ich dafür, dass du ein Extrahonorar bekommst.

Hamburg. Die Insider nennen es "Fangprämie". Und im Dickicht des deutschen Gesundheitswesens bedeutet diese Absprache zwischen einem niedergelassenen Arzt und einem Krankenhaus: Schickst du mir Patienten in die Klinik, sorge ich dafür, dass du ein Extrahonorar bekommst. Der Graubereich dieser Vereinbarungen dehnt sich auch in Norddeutschland aus. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fühlt sich von Praxisärzten unter Druck gesetzt, die Geld für zielgerichtete Überweisungen verlangen. Für planbare Operationen wie bei Hüftgelenken bestünden niedergelassene Ärzte außerdem darauf, dass nur sie die Nachbehandlung machen dürften. "Es sind einige Niedergelassene, die die Krankenhäuser unter großen Anforderungsdruck setzen. Im Übrigen ist es die Politik, die den Wettbewerb im Gesundheitssystem viel zu stark anheizt", sagte Rudolf Kösters, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Abendblatt.

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) erklärte: "Im Klartext handelt es sich um bezahlte Leistungen nach der Gebührenordnung, die das Zehn- bis 20-Fache dessen ausmachen, was ein Urologe ansonsten für die Behandlung eines Patienten vergütet erhält." DGU-Präsident Manfred Wirth nannte diese Praxis "hochproblematisch".

In den Ballungsräumen mit ihrer hohen Klinikdichte versuchten die Krankenhäuser, mit vielen Patienten wirtschaftlich zu arbeiten. Auch in Hamburg berichten Klinikinsider und Kassenexperten von einer Kopfprämie. Michael Späth, Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, sagte: "Wenn Leistungen in Verträgen klar geregelt sind, ist nichts dagegen einzuwenden, dass niedergelassene Ärzte zum Beispiel für die Vor- oder Nachsorge bezahlt werden. Grundsätzlich falsch und ein Verstoß gegen berufesethische Pflichten wie gegen die Berufsordnung ist es, wenn Patienten in solche Kliniken überwiesen werden, die eine hohe Prämie zahlen, statt in die mit der besten Versorgung."

Der Urologe Prof. Andreas Groß, Chefarzt im Asklepios-Klinikum Barmbek sagte: "Ich bin strikt gegen Prämien, in der Asklepios-Klinikgruppe gibt es solche Zahlungen und Verträge auch nicht. Dadurch verlieren wir im Einzelfall sogar Patienten."

Aufgefallen ist anscheinend die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. Sie soll ihre Praxisärzte nachdrücklich darauf hingewiesen haben, dass sie mit den Überweisungen besondere Macht haben. Die Deutsche Hospiz-Stiftung nannte es einen "Skandal", wenn schwer kranke Patienten zwischen Pflegeheim und Klinik hin und her überwiesen werden, sagte der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch.

Die Bundesärztekammer geht davon aus, dass die "Fangprämien" in einigen Regionen gängige Praxis sind. Sie seien "total verboten", sagte Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe.