Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte nach dem Treffen in Berlin, man habe sich “verständigt“.

Berlin

Nach dem wochenlangen Steuerstreit in der Union hat Angela Merkel gestern die Disziplin der Führungsspitze eingefordert. Die Parteivorsitzende habe auf der CDU-Präsidiumssitzung "deutliche Worte" gesprochen, hieß es anschließend, sogar von einem "Machtwort" war die Rede. Nach offizieller Lesart hat man sich "verständigt". So formulierte es jedenfalls CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla.

Es ging um die Steuersenkungen, die Merkel im Wahlprogramm festschreiben will, die ein Teil der CDU-Spitze aber für unrealistisch hält. So hatte Baden-Württembergs Ministerpräsident und CDU-Landeschef Günther Oettinger noch unmittelbar vor Beginn der Sitzung erklärt, er halte Steuersenkungen zwar prinzipiell für richtig, in den nächsten beiden Jahren aber für undenkbar. Und das werde die Steuerschätzung am Donnerstag auch deutlich zeigen.

Tatsächlich könnten - bislang unbestätigten Prognosen zufolge - allein im laufenden Jahr 50 und 60 Milliarden Euro fehlen. Das wäre der bislang stärkste Einbruch bei den Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik. Und für die nächsten vier Jahre klafft möglicherweise, das hat der Bundesfinanzminister angedeutet, ein Steuerloch von 300 bis 350 Milliarden.

Angela Merkel hat die CDU-Spitze gestern trotzdem auf ihren "Dreiklang" aus "Schuldentilgung, Investitionen in Innovation und steuerlicher Entlastung" eingeschworen. Getreu dem, was sie am Sonntagabend in der ARD gesagt hatte: dass Deutschland schnellstmöglich aus der Talsohle herauskommen müsse und dass man dafür "Wachstumskräfte mobilisieren" müsse. Die Staatsschulden, so die Kanzlerin, müssten wieder sinken, es müsse in Bildung und Innovationen investiert und die Leistungsträger entlastet werden: "Wir werden einen Weg finden, wie wir alle drei Ziele zusammenbringen." Was in der nächsten Legislaturperiode machbar sei, könne man heute noch nicht sagen, "weil wir den Verlauf der Krise nicht kennen".

Bleibt abzuwarten, ob sich Skeptiker wie Günther Oettinger durch Merkels Machtwort beeindrucken lassen. Oettinger hat die avisierten Steuersenkungen während der Präsidiumssitzung mit Blick auf das Haushaltsloch zumindest erneut infrage gestellt. Zu den parteiinternen Skeptikern gehören auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Schäuble hatte am Wochenende gemahnt, die Union müsse den Bürgern "reinen Wein einschenken": Der Spielraum für Steuersenkungen sei "außergewöhnlich" gering. Tillich hatte erklärt, wer Steuersenkungen wolle, brauche entweder Mehreinnahmen, oder er müsse über Einsparungen auf der Ausgabenseite reden. "Das", so der CDU-Politiker gegenüber der "Financial Times Deutschland", "sehe ich aber derzeit nicht."

Wie Generalsekretär Ronald Pofalla gestern Mittag erklärte, hat die CDU-Spitze nun "keine Einwände" mehr gegen den Steuerkurs der Parteivorsitzenden. Die Union setze auf Wirtschaftswachstum, sagte Pofalla, und werde Merkels "Dreiklang" in ihr Wahlprogramm aufnehmen.

SPD-Chef Franz Müntefering hat Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hingegen umgehend aufgefordert, die Debatte um Steuersenkungen in der Union zu stoppen. Was dort stattfinde, sei unehrlich. "Es gibt keine Chancen für große Steuersenkungen in der nächsten Legislaturperiode", sagte Müntefering in Berlin. Er fordere die Kanzlerin auf, "klipp und klar zu sagen, dass das nicht geht".