Verbände sind mit Asyl-Urteil der Verfassungsrichter zufrieden. Bürgerrechtler fordern Sozialhilfegesetz für alle Bedürftigen.

Berlin. Bürgerrechtsorganisationen und Sozialverbände haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes für eine bessere finanzielle Unterstützung von Asylbewerbern einhellig begrüßt. In der Unionsfraktion wird jetzt dagegen ein deutlicher Anstieg der Asylbewerber-Zahl befürchtet.

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„Das Urteil wird nicht nur in Deutschland zur Kenntnis genommen, deshalb kann es zu einem starken Anstieg der Zuwanderung von Antragstellern führen“, sagte Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) der „Rheinischen Post“. (Donnerstag). Er riet dringend dazu, Sachleistungen weiterhin Vorrang vor Geldleistungen einzuräumen. Dies wird in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.

Die Humanistische Union sprach dagegen von einem „Durchbruch für die Bürgerrechte“ und forderte ein einheitliches Sozialhilfegesetz. Das höchste deutsche Gericht habe nicht nur den Regierungen im Bund und in den Ländern, sondern der deutschen Gesellschaft insgesamt einen Spiegel vorgehalten, sagte Vorstandsmitglied Jutta Roitsch-Wittkowsky. Der Kernsatz der Karlsruher Entscheidung, wonach ausländische Staatsangehörige ihren Anspruch auf ein menschenwürdiges Dasein nicht dadurch verlieren, dass sie ihre Heimat verlassen und sich in der Bundesrepublik aufhalten, sei aus bürgerrechtlicher Sicht nur zu unterstützen.

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Das Bundesverfassungsgericht hatte am Vortag die seit 1993 unveränderten Leistungen für Asylbewerber als verfassungswidrig erklärt. Sie verstoßen laut Urteil gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Flüchtlinge und andere Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht müssen demnach in etwa so viel Geld bekommen wie Empfänger von Hartz-IV oder Sozialhilfe. Betroffen sind rund 130 000 Menschen. (Az. 1 BvL 10/10 und 2/11).

Auch die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) begrüßte die Entscheidung. Da die Leistungssätze seit 1993 trotz gesetzlicher Verpflichtung zur jährlichen Anpassung und trotz Anstiegs der Verbraucherpreise unverändert niedrig blieben, sei eine solche Entscheidung spätestens nach dem Hartz-IV-Urteil der Verfassungsrichter erwartet worden, sagte Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser. Die Bundesregierung habe mehr als zweieinhalb Jahre Zeit gehabt, das bisher Versäumte nachzuholen und die ins Blaue hinein geschätzten Leistungen dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.

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Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag), es sei „ beschämend, dass die Justiz die Politik daran erinnern muss, dass die grundgesetzliche Menschenwürde nicht durch Migrationspolitik relativiert werden darf“. Das Asylbewerberleistungsgesetz müsse komplett abgeschafft werden. Asylbewerber sollten nicht länger als Menschen zweiter Klasse behandelt werden und Leistungssätze wie Deutsche erhalten. Die Länder sollten auch keine Sachleistungen mehr an Asylbewerber ausgeben. „Es gehört zur Menschenwürde, über das Geld verfügen zu können“, sagte Neher