Die Euro-Zone werde durch Bankenrettung zur Haftungsunion. Gewinner seien die Institute, Verlierer Deutschlands Steuerzahler, Rentner und Sparer.

Frankfurt am Main. Mit einer ungewöhnlichen Protestaktion kritisieren 160 deutschsprachige Ökonomen die jüngsten EU-Pläne zur Rettung europäischer Banken. Die Wirtschaftswissenschaftler, darunter Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn und der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen, fordern in einem Brief die Bürger auf, sich gegen die Pläne der Euro-Länder zu wehren.

Die Forscher sehen "den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Euro-Systems bedeutet, mit großer Sorge". Weiter heißt es in dem Schreiben: "Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen werden, zumal riesige Verluste aus der Finanzierung der inflationären Wirtschaftsblasen der südlichen Länder absehbar sind."

Die Ökonomen beklagen: "Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet; geholfen wird stattdessen der Wall Street, der City of London - auch einigen Investoren in Deutschland - und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken."

Der Dortmunder Wirtschaftsstatistiker Walter Krämer ist Initiator der Aktion. "Viele wissen gar nicht, auf was wir uns da einlassen", sagte er zu den Gründen für die Aktion. Er befürchtet, dass die Steuerzahler Unsummen aufbringen müssten. "In zehn oder 15 Jahren müssen wir dann unser Rentensystem plündern, um irgendwelche maroden Banken zu retten - oder was noch schlimmer wäre, die Notenpresse anwerfen." Krämer forderte eine strengere Kontrolle der Kreditinstitute. Die Richtlinien würden immer mehr aufgeweicht, "und jetzt müssen wir für den Unfug von griechischen oder spanischen Bankern geradestehen". Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone hatten sich in der vergangenen Woche gegen die Pläne von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf direkte Bankenhilfen und erleichterten Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm geeinigt. So sollen etwa die strauchelnden Kreditinstitute Spaniens gerettet werden.

Politiker verschiedener Parteien begrüßten die Aktion. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach von einem "mahnenden Beitrag", der deutlich mache, dass die Umsetzung der Gipfelbeschlüsse "nicht in die falsche Richtung gehen darf". Es dürften sich "nicht diejenigen in Europa durchsetzen, die mit ihrer Schuldenpolitik den kommenden Generationen finanzielle Lasten aufbürden wollen". Der Gegner des Euro-Rettungsschirms, Frank Schäffler (FDP), sagte der Wirtschaftszeitung: "Alle Dämme haben bisher nicht gehalten, sondern die Schuldenflut hat alles hinweggefegt." Die Familienunternehmer begrüßten die Aktion ebenfalls. "Diese Art der Euro-Rettung treibt den Spaltpilz in Europa", kritisierte ihr Präsident Lutz Goebel.

Auch die Bürger verlieren in der Euro-Krise die Geduld: 54 Prozent sehen laut einer Umfrage im Auftrag von Spiegel Online kaum noch Sinn darin, mit immer neuen Milliardenhilfen die gemeinsame Währung zu retten.