Deutsche Sparer können nicht Südeuropas Banken retten

Man kann den offenen Brief der 160 Wissenschaftler gegen die Bankenunion für einen neuen Zwischenruf aus dem Elfenbeinturm halten. Man kann in ihrem Anführer, dem Ifo-Chef Hans-Werner Sinn, einen eitlen Selbstdarsteller sehen. Und man kann den Aufruf an die "lieben Mitbürger" zum Widerstand verlachen.

Nur: Man sollte es nicht.

Denn der Aufruf bringt nicht nur die üblichen Verdächtigen unter den Euro-Kritikern zusammen, sondern wird getragen von kompetenten wie renommierten Wissenschaftlern. Sie treibt die Sorge um, dass die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas für die Absicherung der Bankschulden in Haftung genommen werden. Die Sorge ist berechtigt: Denn beim Gipfel von Brüssel vereinbarten die Staatschefs, dass der Rettungsfonds ESM nun auch direkt Banken retten kann. Gerade in Südeuropa hat sich die Krise der Finanzinstitute dramatisch zugespitzt einerseits durch die Staatsschuldenkrise, andererseits aber durch eine riskante und unverantwortliche Kreditvergabe. Wenn nun die soliden Länder in die Haftung gehen, wird das Prinzip Verantwortung ad absurdum geführt. Einmal mehr würden Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert. Man wird die Banken retten müssen - doch dies ist zunächst Aufgabe der Aktionäre, der Anleihengläubiger, der Beschäftigten. Europa wird scheitern, wenn finnische Lehrer, deutsche Rentner oder holländische Kindergärtner die Eskapaden spanischer Banken, die Renditen spekulativer Fonds oder die Boni italienischer Banker zahlen sollen. Solidarität ist nötig, aber: Solidarität darf nicht überstrapaziert werden.

Sicherlich wird der Aufruf der Wissenschaftler morgen nicht Hunderttausende auf die Straße treiben. Aber er sensibilisiert die Deutschen für eine finanzielle Schicksalsfrage. Und er zwingt die Politik, Position zu beziehen. Genau dieser Druck kann übrigens helfen, die Verhandlungsposition Angela Merkels zu stärken.