Das Wahlkampfteam für 2013 soll mindestens zur Hälfte aus Frauen bestehen. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft beliebter als die Troika.

Berlin. Es waren sorgfältig choreografierte Bilder, damals im Juli 2009. Der Templiner See bei Potsdam glitzerte unter der Sommersonne, und die Bäume leuchteten in einem saftigen Grün, als Frank-Walter Steinmeier, seinerzeit Kanzlerkandidat der SPD, mit seinem frisch gekürten Schattenkabinett für die anstehende Bundestagswahl um die Ecke bog. "Kompetenzteam" hatte er die 18-köpfige Mannschaft genannt, die vor allem durch die Tatsache auffiel, dass ihr zehn Frauen angehörten. Alle standen sie in der ersten Reihe, als das obligatorische Gruppenbild geschossen wurde. Und Steinmeier stand lächelnd mittendrin.

Das war sie also, die jüngere und weiblichere Alternative zum Aufgebot der von Angela Merkel angeführten Union. Genützt, das weiß man im Jahr 2012, hat das allerdings nichts. Mit 23 Prozent rutschte die SPD bei der Bundestagswahl 2009 auf ein historisches Tief. "Ein bitterer Tag für die deutsche Sozialdemokratie", musste Steinmeier bekennen. Auch mit Frauenüberschuss konnte sein Wahlkampfteam nichts gegen die Krise der Partei ausrichten.

2013 wird ein neuer Versuch unternommen. Die SPD soll nach dem Willen ihres heutigen Chefs Sigmar Gabriel mit vielen Frauen in den kommenden Wahlkampf ziehen. "Das Team muss mindestens zur Hälfte aus Frauen bestehen", sagte er der "Welt am Sonntag". Und liefert damit einen ersten Hinweis darauf, wie sich die SPD 2013 in Stellung bringen will.

Gabriel deckt mit seinem Vorstoß gleich mehrere offene Flanken: Zum einen ist es in den vergangenen Wochen immer schwerer erklärbar geworden, warum eine Partei, die für eine gesetzliche Frauenquote plädiert, mit einem rein männlichen Dreigestirn an potenziellen Kanzlerkandidaten aufwartet. Die Argumentation, es gebe ja neben Gabriel, Fraktionschef Steinmeier und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück viele gute Frauen in der zweiten Reihe der Partei, hat sich abgenutzt. Zum anderen hat die ja eigentlich konservative Union mit Parteichefin Merkel das schlagendste aller Argumente, wenn es um das Thema Frauen geht. Hier steht die SPD unter Zugzwang, um ein Gegenangebot zu schaffen. Und auch intern könnte Gabriels Worte Wogen glätten: Zuletzt hatte er sich mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen angelegt, als er deren Forderung nach mehr Geld für die Arbeitsgruppe brüsk eine Abfuhr erteilte.

Für sein Schattenkabinett dürfte sich der SPD-Kanzlerkandidat, der Anfang 2013 bestimmt werden soll, zunächst in der obersten Parteiriege bedienen. Mit Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig und zuletzt der Hamburger Bundestagsabgeordneten Aydan Özoguz hat die Partei zwei norddeutsche Hoffnungsträgerinnen zu stellvertretenden Parteichefinnen befördert. Schwesig war bereits im Jahr 2009 für den Bereich Familienpolitik gesetzt. Die 38-Jährige war einst Deutschlands jüngste Ministerin und galt als Mutter und Ostdeutsche als Idealbesetzung. Auch künftig könnte sie wieder eine der Hauptrollen spielen. Ihre Chancen zur Profilierung sind zudem gestiegen: Während sie 2009 gegen die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) aufgebaut werden sollte, stünde ihr jetzt die schwächer erscheinende Amtsinhaberin Kristina Schröder (CDU) gegenüber.

Vieles spricht außerdem für Özoguz: Als Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion hat die türkischstämmige Politikerin bereits auf sich aufmerksam gemacht. Gabriel betonte zudem, er wünsche sich auch, "dass ein Migrant oder eine Migrantin für ein klassisches Regierungsressort steht und nicht nur für Integration". Neben diesem Feld ist die 45-Jährige im Bundestags-Familienausschuss aktiv sowie in der Enquetekommission "Internet und digitale Gesellschaft". Jugendschutz ist dabei eines ihrer Hauptthemen. "Aydan Özoguz ist eine großartige Politikerin. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass sie 2013 zur Regierungsmannschaft gehört", sagte ihr Parteifreund Johannes Kahrs dem Abendblatt. "Und das nicht wegen irgendeiner Frauen- oder Migrantenquote, sondern weil sie einfach gut ist."

+++ Gabriel: SPD-Wahlkampfteam soll zur Hälfte aus Frauen bestehen +++

Auch Generalsekretärin Andrea Nahles könnte eine führende Rolle spielen. 2009 war sie für das Themenfeld Bildung gesetzt. Immer wieder fällt zudem der Name von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Nach einer Umfrage von TNS Forschung für den "Spiegel" erfährt sie mehr Zustimmung als die SPD-Troika. Kraft wäre nach Ansicht von 26 Prozent der Befragten die geeignete Herausforderin von Merkel, gefolgt von Steinbrück mit 25 Prozent, Steinmeier mit 23 Prozent und Gabriel mit zehn Prozent. Kraft selbst strebt eine Kandidatur aber nicht an, sondern will in NRW bleiben. "Umfragen sind Wasserstandsmeldungen. Ich nehme das wahr, fühle mich geehrt, aber mehr auch nicht. Ich bleibe mit beiden Beinen auf dem Boden", sagte Kraft nw-news.de. 49 Prozent der Deutschen wünschen sich laut einer Emnid-Umfrage zudem eine schnelle Klärung der K-Frage, wie der "Focus" berichtete. 34 Prozent halten es für besser, wenn die SPD wartet.

Auch die anderen Parteien stehen vor der Kandidaten-Frage. Die Grünen streben eine Doppelspitze an und wollen dies per Urwahl entscheiden. Auch bei der FDP und der Linken steht die Kür noch aus. Allein die Union muss sich damit nicht herumplagen. Dass Angela Merkel 2013 noch einmal antritt, gilt als sicher.

Intern allerdings droht eine Richtungsdebatte: Konservative Abgeordnete wollen die Sommerpause nutzen, um ihre Abgrenzung vom Modernisierungskurs der Parteispitze voranzutreiben. Nach Informationen des "Spiegels" will der sogenannte Berliner Kreis im August eigene Ziele etwa in der Familienpolitik oder für das Bildungswesen vorstellen. Hintergrund sei die Enttäuschung vieler Mitglieder nach Kurswechseln der Union wie beim Atomausstieg oder dem Ende der Wehrpflicht.