Bundespräsident soll sich zur Affäre um Privatkredit äußern

Berlin. Stefan Wenzel hat angebissen und wird so schnell nicht mehr lockerlassen: Der Fraktionschef der Grünen im Niedersächsischen Landtag will prüfen lassen, ob Bundespräsident Christian Wulff im Fall eines umstrittenen Privatkredits gegen das Ministergesetz verstoßen hat. Dieses verbietet Staatsvertretern die Annahme eines wirtschaftlichen Vorteils. In einer entsprechenden Anfrage an die CDU/FDP-Landesregierung forderte Wenzel gestern eine Sitzung des Ältestenrats des Niedersächsischen Landtags.

Die Grünen werfen Wulff vor, bei einer Befragung im Landtag nur die halbe Wahrheit im Fall einer umstrittenen Privatanleihe gesagt zu haben: Der frühere niedersächsische Ministerpräsident hatte im Februar 2010 auf Anfrage Wenzels im Landtag erklärt, dass er keine geschäftlichen Beziehungen zum Unternehmer Egon Geerkens unterhalte. In dieser Woche wurde jedoch bekannt, dass er sich 2008 eine halbe Million Euro von Geerkens Frau Edith für einen Hauskauf geliehen hatte. Kurz nach der Anfrage der Grünen löste Wulff den Privatkredit jedoch durch einen Bankkredit ab.

Obwohl die Anleihe formal gesehen nicht unter "geschäftliche Beziehungen" fällt, stößt sie den Grünen sauer auf. So zeigte sich Wenzel verwundert, dass der Unternehmer Geerkens dreimal zu einer Wirtschaftsdelegation des damaligen Ministerpräsidenten Wulff gehörte, obwohl es sich doch um einen privaten Kredit gehandelt habe. Laut Informationen von "Stern.de" unterzeichnete Wulff den Kreditvertrag nur zwei Wochen nach einer Dienstreise mit Geerkens.

Auch aus Sicht der Organisation Transparency International Deutschland muss Wulff alle Vorwürfe schnell aufklären. "Transparenz ist hier wirklich das Gebot der Stunde", sagte die Vorsitzende Edda Müller. Wulff habe im Niedersächsischen Landtag zwar nicht die Unwahrheit gesagt, aber auch nicht die vollständige Wahrheit. Das solle er schnell nachholen. Der Bundespräsident war Mittwochnacht von einer sechstägigen Reise in mehrere arabische Länder zurückgekehrt. Zu den Vorhaltungen äußerte er sich gestern nicht.

Auch der Politikberater Michael Spreng forderte Wulff auf, persönlich an die Öffentlichkeit gehen. Der Bundespräsident dürfe nicht weiter seine Beamten vorschicken, sagte Spreng im Deutschlandfunk. Er sprach von "juristischer Trickserei" Wulffs: "Er hat die Wahrheit gesagt, aber nicht die ganze Wahrheit."