Abstimmung über Euro-Rettungsschirm verläuft schleppend. Hamburger Abgeordnete Canel will gegen den ESM stimmen.

Berlin. "Drei ist Pflicht. Fünf ist Kür." Der Spruch soll wirken. Frank Schäffler hat ihn sich ausgedacht, und wann immer er die Chance hat, sagt er ihn in der Öffentlichkeit auf. Was Schäffler damit genau meint, erklärt er auch auf einer Internetseite, die er extra für den kommende Woche endenden FDP-Mitgliederentscheid geschaltet hat. "Wenn Sie drei Mitglieder überzeugen, für Antrag A zu stimmen, dann sind wir auf sehr gutem Weg. Überzeugen Sie fünf, dann ist unser Sieg sicher", sagt der Bundestagsabgeordnete im Video. Und dann wiederholt er: "Drei ist Pflicht. Fünf ist Kür."

Bis zum Dienstag sind die rund 65 000 FDP-Mitglieder aufgerufen, ihre Meinung zum geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM abzugeben. Antrag A, den Schäffler initiiert hat, lehnt dessen Einführung klar ab. Antrag B, der den ESM für richtig hält, stammt vom FDP-Bundesvorstand und wird auch vom Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher unterstützt. Auch Parteichef Philipp Rösler hat eine Videobotschaft hinterlassen. Auf der FDP-Internetseite lobt er den Vorstandsantrag, der seiner Meinung nach "klar die Vision einer europäischen Stabilitätsunion" beinhaltet. "Jede Form von Nothilfe darf nur das letzte Mittel sein, wenn die Stabilität der Euro-Zone insgesamt in Gefahr ist", ist im Antrag zu lesen. Für Schäffler steht darin vor allem "viel Lyrik", wie er in seinem Video sagt. Die FDP solle lieber zu ihren Prinzipien Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft zurückkehren.

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Der "Europäische Stabilitätsmechanismus", um den sich die FDP zankt, soll als dauerhafter Krisenfonds für hoch verschuldete Euro-Länder den bisherigen Rettungsschirm EFSF ablösen. Bisher war angedacht, den ESM ab 2013 wirken zu lassen; angesichts der sich zuspitzenden Krise könnte dessen Einführung schon 2012 folgen. Der ESM soll Kredite über 500 Milliarden Euro vergeben können - wobei Deutschland allein 22 Milliarden Euro an Kapital und weitere 168 Milliarden Euro an Garantien bereitstellen soll.

Welcher der Anträge bei den Mitgliedern vorn liegt, ist unklar. 21 499 Voten müssen eingehen, damit das Quorum vorliegt. Ein Scheitern gilt als denkbar. Bis Dienstagabend hätten 14 800 Mitglieder ihre Stimme abgegeben, teilte die Partei gestern mit. Die Stimmabgabe laufe weiterhin zögerlich, binnen fünf Tagen seien nur rund 1300 neue Stimmen eingegangen. Das Ergebnis soll am 16. Dezember bekannt gegeben werden.

Gegen den ESM will die Hamburger FDP-Bundestagabgeordnete Sylvia Canel stimmen. Sie hatte bereits im Bundestag ihre Zustimmung für den EFSF-Rettungsschirm verweigert. "Ich finde den ESM weder richtig noch alternativlos. Eine Art Dispo für schwache Staaten ist keine Stärkung Europas, sondern eine Schwächung", sagte sie dem Hamburger Abendblatt. Europa müsse das eigene Schuldenverbot endlich ernst nehme. Ihrer Meinung nach nimmt die Debatte über die möglichen Folgen des Entscheids für die FDP und die Koalition "abenteuerliche Ausmaße" an. "Es ist völlig unangemessen, über den Bestand der FDP in der Regierung zu sprechen. Ob wir die Koalition verlassen müssen, entschließt sich nicht aus dem Ergebnis des Mitgliederentscheids. Die Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion sind ihrem Gewissen verpflichtet und müssen sich nicht an den Ausgang der Parteiabstimmung binden", betonte sie.

Burkhardt Müller-Sönksen, der zweite Hamburger FDP-Bundestagabgeordnete, stimmt für die Einführung des ESM. "Ich unterstütze Philipp Rösler und Hans-Dietrich Genscher und den Antrag des Bundesvorstandes, weil die Zukunft des europäischen Projekts unweigerlich mit der Stabilität des Euro verbunden ist", sagte er dem Abendblatt - und warnte: "Wer sich jetzt der Rettung unseres gemeinsamen Währungsraums verweigert - und nichts anderes bedeutet der Antrag von Frank Schäffler -, der muss eine Alternative bereithalten und darlegen, wie er sich die Organisation unserer Selbstbehauptung in der Globalisierung ohne eine handlungsfähige EU vorstellt." (abendblatt.de)