Der Parteitag verabschiedet Forderung nach Freigabe aller Drogen und Grundeinkommen für alle

Offenbach. Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle, Freigabe aller Drogen und Trennung von Staat und Kirche: Die Piratenpartei hat auf einem Parteitag in Offenbach ihr Programm deutlich erweitert und sich als linksliberale Kraft positioniert. "Was in der politischen Debatte fehlt, ist eine tatsächlich liberale Grundrechtspolitik", sagte der Bundesvorsitzende Sebastian Nerz. Gebraucht werde eine Politik, die gemeinsam mit den Bürgern die Demokratie in den Vordergrund stelle. Zugleich warf er der Bundesregierung vor, in der Euro-Krise eine Politik der Entdemokratisierung zu betreiben. Wichtige Entscheidungen würden aus den Parlamenten zu den Staats- und Regierungschefs verlagert. Die Versammlung von mehr als 1300 Mitgliedern sprach sich für das vereinte Europa aus und äußerte sich besorgt über die Folgen der Euro-Krise für das Fundament der europäischen Idee.

Nach heftiger Debatte nahm der Parteitag mit 66,9 Prozent der Stimmen das sozialpolitische Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens ins Programm auf. Mit diesem Beschluss wollten die Piraten ein Sprachrohr werden, um das Grundeinkommen in die politische Diskussion zu bringen, sagte die Politische Geschäftsführerin Marina Weisband. Am Ende solle es dazu eine Volksbefragung geben.

"Wir bezeichnen alles als Arbeit, was für die Gesellschaft nützlich ist." Dazu gehöre auch die Pflege von Familienangehörigen und die Gestaltung von Kunst. Die Partei sieht in dem Beschluss keine Richtungsänderung nach links. Zum Programm gehört nun auch die Forderung nach einer Trennung von Staat und Religion. "Ein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen kann nicht gerechtfertigt werden", heißt es dort.

Lebhaft diskutiert wurden auch zwei Anträge zur Drogenpolitik, die schließlich beide angenommen wurden. Darin wird die Freigabe des Konsums von bislang illegalen Drogen gefordert und erklärt: Eine Bevormundung von Erwachsenen "beim verantwortungsvollen Umgang mit Rausch- und Genussmitteln widerspricht der Grundüberzeugung der Piraten und unserem Verständnis einer mündigen Gesellschaft". Die bisherige Drogenpolitik habe einen Schwarzmarkt geschaffen, der weder Jugend- noch Verbraucherschutz kenne.

Die Fülle von Anträgen und die hohe Beteiligung stellt die Piraten vor die Herausforderung, wie sie sich künftig organisieren. Vorstandsmitglied Bernd Schlömer bekräftigte: "Wir wollen nicht auf ein Delegiertensystem setzen." Denkbar seien dezentrale Parteitage in Verbindung mit intelligenten technischen Lösungen im Internet.

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 werde es voraussichtlich im nächsten Jahr einen außerordentlichen Wahlprogrammparteitag geben, sagte Nerz. Im April 2012 soll zudem ein Parteitag in Norddeutschland stattfinden - kurz vor der Landtagswahl im Mai in Schleswig-Holstein. "Wenn wir in Schleswig-Holstein gut abschneiden, können wir beweisen, dass wir auch in einem konservativen Flächenland stark sind", sagte der Spitzenkandidat der Kieler Piraten, Torge Schmidt. "Wir sind nicht nur ein urbanes Phänomen in Berlin." Dort hatte die vor fünf Jahren gegründete Partei bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 8,9 Prozent der Stimmen errungen und liegt seitdem in den Umfragen bundesweit über der Fünf-Prozent-Hürde.