Rund 200 Teilnehmer protestierten in der Hauptstadt und gaben im Bundestag eine Petition ab. Contergan-Geschädigter aus Hamburg klagt an.

Berlin. Etwa 200 Contergan-Opfer haben am Sonnabend in Berlin für eine höhere Entschädigung durch die Herstellerfirma Grünenthal demonstriert. Die Protestaktion unter dem Motto "5 vor 12“ verlief ohne Zwischenfälle, wie die Polizei mitteilte. Im Rahmen der Protestaktion gaben die Teilnehmer eine entsprechende Petition im Bundeskanzleramt. Eingeladen worden waren auch Contergan-Opfer aus dem Ausland. Weltweit leben von den rund 5.000 Opfern noch schätzungsweise 2.800 Betroffene, davon 2.400 in Deutschland.

Das Schlafmittel Contergan, das Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre verkauft wurde, führte dazu, dass tausende Frauen durch die Einnahme des als ungefährlich angepriesenen Mittels schwer missgebildete Kinder zur Welt brachten. Das Schlafmittel war am 27. November 1961 vom Markt genommen worden. An diesem Wochenende jährt sich damit zum 50. Mal die Marktrücknahme des Medikaments durch den Herstellerkonzern Grünenthal. Anerkannte Opfer erhalten bis heute finanzielle Leistungen von der 1972 gegründeten Conterganstiftung. Viele Betroffene sind jedoch eigenen Angaben zufolge trotzdem auf Sozialhilfe angewiesen.

+++Klage von Contergan-Opfer abgewiesen+++

+++Opfer verklagt Bundesrepublik auf Schadenersatz+++

Es sei "unerträglich“, dass Menschen, die tägliche Hilfe beim An- und Ausziehen, bei der Arbeit oder beim Toilettengang bräuchten, vor den Behörden als "soziale Bittsteller“ dastünden, sagte Gernot Stracke, der Vorsitzende des Hilfswerks für Contergan-Geschädigte in Hamburg, am Sonnabend im Deutschlandradio Kultur. Menschen, die wegen Contergan mit Behinderungen - etwa ohne Arme oder Beine - geboren wurden, erhalten laut Stracke derzeit eine monatliche Ausgleichszahlung der Conterganstiftung von etwa 300 bis maximal 1127 Euro. Bis 2008 habe der Höchstbetrag etwa 540 Euro betragen, sagte er dem Sender. Erst nach der Ausstrahlung des WDR-Films "Eine einzige Tablette“ seien die Zahlungen des Bundes und Grünenthals erhöht worden.

Für immaterielle Schäden müsse das Unternehmen Schmerzensgeld zahlen, forderte Stracke: "Wie wollen Sie wiedergutmachen, wenn jemand nicht in der Lage ist, Kinder zu kriegen? Wenn er nicht die freie Berufswahl hatte wie andere?“ Derzeit leben nach seinen Angaben in Deutschland noch etwa 2400 Opfer des Contergan-Skandals. Ein Ansprechpartner der Firma Grünenthal war am Sonnabend zunächst nicht zu erreichen.

Mit Material von dpa und dapd