Terrorexperte Gerhard Schindler soll BND-Präsidenten Ernst Uhrlau ablösen. Linke nennt Kandidaten “Meister des Vertuschens“

Berlin. Er gilt als Schlachtross im Betrieb der deutschen Sicherheitsbehörden und als erfahrener Strippenzieher: Seit über 20 Jahren arbeitet Gerhard Schindler bereits für das Bundesinnenministerium. Jetzt könnte der 58 Jahre alte Ministerialdirektor eine weitere Stufe auf der Karriereleiter erklimmen und Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden. Regierungskreise bestätigten einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung am Sonnabend. Eine Regierungssprecherin sprach dagegen von Spekulationen.

Schindler arbeitet bislang als Leiter der Abteilung "Öffentliche Sicherheit" im Innenministerium und gilt als Experte für kriminelle und terroristische Netzwerke. In dieser Funktion arbeitet der Jurist schon länger eng mit dem BND und dem Bundesverfassungsschutz zusammen. Offenbar hat er sich nun gegen den Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, durchgesetzt, der ebenfalls als Anwärter auf die Präsidentschaft galt.

Schindler soll zum 1. Januar Ernst Uhrlau ablösen, der im Dezember mit 65 Jahren in den Ruhestand geht. Uhrlau ist gebürtiger Hamburger und war in den 90er-Jahren auch Polizeipräsident in Hamburg. Er ist SPD-Mitglied, sein Nachfolger Schindler besitzt dagegen ein FDP-Parteibuch. Offenbar teilt Schindler beim Thema innere Sicherheit jedoch nicht die liberale Linie seiner Partei und hat wesentlich dazu beigetragen, dass in diesem Jahr die zeitlich befristeten Anti-Terror-Gesetze verlängert wurden, die Terrorfahndern mehr Ermittlungsbefugnisse einräumen. Die ebenfalls liberale Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich zunächst gegen diese Verlängerung gestemmt.

Wesentlich größer als in der eigenen Partei scheint daher die Zustimmung in SPD und CDU zu sein. Die SPD-Fraktion begrüßte den Wechsel. "Gerhard Schindler ist fachlich und persönlich eine gute Wahl", sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer Thomas Oppermann, der auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Kontrolle der Nachrichtendienste ist. Auch in der Union gab es positive Stimmen, die Schindler als "verlässlich und besonnen" lobten. Als sein stärkster Förderer wird der frühere Chef des Innenministeriums, Wolfgang Schäuble (CDU), genannt, der jetzige Bundesfinanzminister. In der rot-grünen Koalition war Schindler unter dem SPD-Innenminister Otto Schily Leiter der Stabsstelle "Moderner Staat".

Scharfe Kritik an der Auswahl übte unterdessen die Linke. "Schindler ist ein Meister im Verschleiern und Vertuschen und mit einem Hang zu ministerieller Überheblichkeit ausgestattet", sagte Linken-Politiker Wolfgang Neskovic dem Abendblatt. Neskovic sitzt für die Linke im Parlamentarischen Kontrollgremium und hatte Schindler während des BND-Untersuchungsausschusses als Zeugen vernommen. Schindler sei allerdings ein erfahrener und intelligenter Mann, den man ernst nehmen müsse, räumte Neskovic ein. "Ich hätte mir aber jemanden gewünscht, der dem Grundsatz 'Im Zweifel für die Freiheit' stärker verpflichtet ist als dem Ruf nach Sicherheit."

Schindlers Vorgänger Uhrlau galt seit mehreren Pannen seines Dienstes als angeschlagen. Zuletzt aber hatte es ein Unterhändler aus seiner Behörde geschafft, den Austausch des israelischen Soldaten Gilad Schalit gegen palästinensische Gefangene zu organisieren. SPD-Geschäftsführer Oppermann dankte dem scheidenden BND-Chef. Dieser habe trotz vieler Anfeindungen aus der CDU und zuletzt gegen mangelnde Unterstützung aus dem Kanzleramt viel für Deutschlands Sicherheit getan. Uhrlau habe den BND vom Kalten Krieg auf die Herausforderungen asymmetrischer Kriege umgestellt und den Nachrichtendienst "sicher durch schwierige Zeiten gesteuert".