503 von 596 Abgeordneten haben für den Antrag von Union, FDP, SPD und Grünen zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms gestimmt.

Berlin. Der Bundestag hat sein Einverständnis zu einer möglichen Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF gegeben. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch für einen gemeinsamen Antrag von Union, FDP, SPD und Grünen, der den Hebel-Mechanismus grundsätzlich freigibt. Das Parlament gab Kanzlerin Angela Merkel damit ein Verhandlungsmandat für den EU-Gipfel am Abend in Brüssel. Merkel wertete die Ausweitung der EFSF-Kapazität in ihrer Regierungserklärung als alternativlos. Die Opposition warf Schwarz-Gelb einen chaotischen Kurs in der Euro-Politik vor.

Für den fraktionsübergreifenden Antrag stimmten 503 von 596 anwesenden Abgeordneten. 89 Parlamentarierer votierten dagegen, vier enthielten sich.

Regierungschefin Angela Merkel (CDU) hat sogar die Kanzlermehrheit erreicht: Bei insgesamt 503 Ja-Stimmen votierten genau 311 Abgeordnete von Union und FDP für die Pläne, wie es aus Unions-Kreisen hieß. Genau 311 Stimmen sind für die Kanzlermehrheit nötig.

Beschlossen ist die Hebelung des EFSF noch nicht. Auf dem EU-Gipfel am Mittwochabend in Brüssel sollten verschiedene Modelle diskutiert werden. Möglich ist etwa eine Versicherungslösung, bei der neu ausgegebene Staatsanleihen zu einem bestimmten Prozentsatz mit einer Art "Teilkaskoversicherung“ abgesichert werden. Eine andere Variante ist die Gründung einer Zweckgesellschaft, über die zusätzliche Kredite aufgenommen werden könnten. Sobald klar ist, welches Modell gewählt wird, soll sich der Bundestag erneut damit befassen.

Merkel sagte, das Risiko einer Ausweitung des Rettungsschirms sei vertretbar. Dagegen wäre es unvertretbar und unverantwortlich, dieses Risiko nicht einzugehen. Eine bessere und vernünftigere Alternative als die Ausweitung gebe es nicht.

Ausgeschlossen sei ein "Anzapfen“ der Europäischen Zentralbank (EZB), betonte die Kanzlerin. Alle Modelle, die eine EZB-Beteiligung voraussetzten, seien vom Tisch und nicht Gegenstand der Beratungen in Brüssel. Frankreich hatte eine solche Bankenlösung vorgeschlagen, Merkel hatte sich aber dagegen gestemmt.

Die CDU-Chefin sprach im Bundestag von einer historischen Verpflichtung, die Errungenschaften Europas zu verteidigen und zu schützen. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa – und das darf nicht passieren.“ Merkel forderte, noch in diesem Jahr eine Änderung der EU-Verträge einzuleiten. Erste Vorschläge sollten bereits im Dezember vorgelegt werden.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle machte sich für Vertragsänderungen stark. Er forderte zudem einen Schuldenschnitt für Griechenland. Dieser sei „ein Gebot der Fairness und der sozialen Marktwirtschaft“.

Steinmeier findet Regierung „unverschämt“

Die Opposition warf der Regierung vor, sie habe in der Euro-Frage keinerlei Linie und verheimliche wichtige Informationen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, Merkels Mannschaft gehe "nicht offen und ehrlich“ mit dem Parlament um. Er verwies auf die Plenardebatte über den Euro-Rettungsschirm EFSF Ende September. Damals habe die Regierung dementiert, dass eine Hebelung des Schirms geplant sei. Da die Ausweitung des EFSF nun doch kommen werde, sei das "unverschämt“ gewesen.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt der Regierung eine Verschleierungstaktik vor. Es gehe nicht, die Menschen darüber im Unklaren zu lassen, mit welchen Risiken die Hebelung des EFSF verbunden sei. Die Haftungsobergrenze für Deutschland bleibe zwar gleich, doch das finanzielle Risiko wachse. Die Hebelung sei trotz der Risiken notwendig. Doch die Regierung müsse erklären, warum.

+++ Die EFSF-Debatte im Liveticker +++

Linksfraktionschef Gregor Gysi attackierte sowohl die schwarz-gelbe Koalition als auch seine Oppositionskollegen. Die Euro-Politik der Bundesregierung bezeichnete er als chaotisch. "Sie sagen jede Woche etwas Neues zu dieser Krise“, sagte Gysi an die Adresse der Regierung. Er warf Schwarz-Gelb außerdem eine "Arroganz der Macht“ vor. Eine Abstimmung über die EFSF-Ausweitung im Plenum des Bundestags sei nur dem Druck der Opposition zu verdanken.

Gysi kritisierte aber auch, dass SPD und Grüne einen gemeinsamen Antrag mit Union und FDP vorgelegt hätten. Die beiden Oppositionsfraktionen machten „fast alles“ mit, was Union und FDP vorhätten.