Wolfgang Bosbach klagt über internen Druck wegen seines Neins zum Euro-Rettungsschirm. Er will kein Störenfried sein, sieht sich in der Zwickmühle.

Berlin/München. CSU-Chef Horst Seehofer hat die Schwesterpartei CDU zu einem vorsichtigen Umgang mit Kritikern und Abweichlern aufgefordert. „Man muss die ganze politische Familie zusammenhalten, darf die Leute nicht ausgrenzen“, sagte er dem „Münchner Merkur“ (Freitag) und verwies auf die Historie: „Die CDU hat ja schon eine ganze Reihe von Persönlichkeiten verloren. In der CSU werden wir so einen Weg nicht gehen.“

Hintergrund sind Klagen des CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach über massiven internen Druck wegen seines Neins zum Euro-Rettungsschirm.

Seehofer sagte nun: „Ich schätze Wolfgang Bosbach außerordentlich. Mit ihm hat die CDU einen ganz starken Politiker von nationalem Rang.“ Angesichts der Gedankenspiele Bosbachs über einen Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur für den Bundestag ergänzte er: „Ich bedaure extrem, wenn das so eine Entwicklung nimmt.“

Aus der Führung der Unionsfraktion hieß es am Freitag: „Bosbach sollte klarstellen und präzisieren, wen er meint.“ Nachdem andere Rettungsschirm-Kritiker der Fraktionsführung einen freundschaftlichen und fairen Umgang attestiert hätten, glaube man nicht, dass Bosbach über Vorgänge innerhalb der Fraktion spreche. Das Thema habe auch deswegen große Bedeutung, weil es an einen Teil der Kernsubstanz der Demokratie gehe: wie innerhalb einer Fraktion mit abweichenden Meinungen umgegangen werde.

Bosbach sagte der Tageszeitung „Die Welt“, vor der Abstimmung über den Rettungsschirm sei es zu heftigem Streit zwischen ihm und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) gekommen. Pofalla habe ihn aber einen Tag später angerufen „und wir haben uns ausgesprochen - damit ist die Sache für mich erledigt“.

Zudem stellte Bosbach klar, bei seinen Vorwürfen gehe es nicht um Fraktionschef Volker Kauder (CDU) oder Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel. Dem Sender NDR Info sagte der Abgeordnete, er habe mit beiden längere Unterredungen gehabt. „Und diese Gespräche sind in jeder Hinsicht fair und korrekt verlaufen. In der Diplomatensprache würde man sagen, wir hatten eine offene Aussprache.“

Schlimmer sei das, „was so hinten rum passiert, was einem dann doch zugetragen wird“, sagte Bosbach. Als Beispiel nannte er Durchstechereien an Journalisten, wenn er an einer Sitzung zum Thema nicht teilgenommen, aber Zeit für Medien gehabt habe. „Dann weiß ich doch, dass das durchgestochen worden ist“, obwohl er sich wegen Wahlkampfauftritten entschuldigt habe.

Einen Zusammenhang zwischen seinem Gesundheitszustand und den Gedankenspielen, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten, wies Bosbach zurück. Es sei kein Geheimnis, dass er an einer chronischen Herzmuskelentzündung leide und dass vor eineinhalb Jahren eine weitere „böse Diagnose“ hinzugekommen sei – bei Bosbach wurde eine Krebserkrankung entdeckt. Zwar kämen die gesundheitlichen Probleme nun hinzu. „Aber vor einem Monat hätte ich noch gesagt, ich kandidiere gerne wieder für den Deutschen Bundestag.“

Bosbach sagte „Bild.de“, er wolle seiner Überzeugung treu bleiben, aber bei der Euro-Rettung nicht permanent gegen die eigene Fraktion stimmen. „Insofern bin ich in einer Zwickmühle. Ich möchte nicht permanent als Störenfried wahrgenommen werden.“ Er müsse sich jedoch nicht jetzt für eine neue Kandidatur entscheiden. Dafür habe er noch ein Jahr Zeit.

Der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter zeigte sich entsetzt über Bosbachs Rückzugsgedanken: „Der Parlamentarismus lebt von Persönlichkeiten, die stehen und widerstehen.“ Daher bitte er Bosbach, sich und dem Bundestag treu zu bleiben. (dpa/abendblatt.de)