Deutschland gibt Geld und prüft auch Entsendung von Bundeswehrsoldaten nach Libyen

Berlin. Über Monate hatte die Bundesregierung ihre Zweifel am Kampfeinsatz der Nato in Libyen immer wieder aufs Neue kundgetan. Vor allem Außenminister Guido Westerwelle (FDP) war nicht müde geworden, die Strategie der gezielten Luftschläge der westlichen Verbündeten gegen das Regime Muammar al-Gaddafis infrage zu stellen und über die vermeintlich unausweichliche Entsendung von Bodentruppen zu philosophieren.

Nun steht das System Gaddafi vor dem Ende - ohne das Engagement von Nato-Bodentruppen. Und der Außenminister ist überzeugt, dass der nationale Übergangsrat der Rebellen in der Zukunft auf Deutschland bauen werde. Die Bundesrepublik stehe nun bereit, bei dem politischen Übergang in Richtung Demokratie zu helfen. Westerwelle bot an, beim Wiederaufbau der Wirtschaft und der Infrastruktur zu helfen oder medizinische Hilfe zu leisten. Auch bei der Schaffung von funktionierenden Strukturen für unabhängige Justiz, Parteien und Medien sowie der Vorbereitung freier Wahlen werde man Unterstützung zur Verfügung stellen, falls der Übergangsrat das wünsche.

Selbst einen Einsatz der Bundeswehr schloss die Regierung nicht mehr aus. "Wenn es Anfragen an die Bundeswehr gibt, werden wir das konstruktiv prüfen", sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizère (CDU). Das Entwicklungshilfeministerium hat sieben Millionen Euro für ein Nothilfeprogramm in Aussicht gestellt. Mit weiteren Entwicklungsgeldern könne das Land allerdings nicht rechnen, sagte Minister Dirk Niebel (FDP): "Dafür ist das Land zu reich." Wenn die Öl- und Gasproduktion wieder anlaufe, könne Libyen in Deutschland alles kaufen, was nötig sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Libyen dagegen umfangreiche Unterstützung versprochen. "Es ist erfreulich, dass Gaddafi seine politische Macht verloren hat", sagte Merkel. Deutschland werde beim Wiederaufbau intensiv mitarbeiten.

Ein weiteres Ziel der Bundesregierung ist es, Gaddafi juristisch zur Verantwortung zu ziehen. Ob dafür ein nationales Gericht oder der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag der geeignete Ort ist, ließ Westerwelle offen: "Das ist eine Angelegenheit, die zunächst einmal in Libyen besprochen werden muss." Noch hat man offenbar wenig Vertrauen in die libysche Übergangsregierung. Laut einem Bericht des "Spiegels" werden die Diplomaten des deutschen Verbindungsbüros in der Rebellenhochburg Bengasi von Beamten der Polizei-Eliteeinheit GSG 9 beschützt. An die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Tripolis sei derzeit noch nicht zu denken.