Vorstoß der Länder gegen NPD wird heute diskutiert. Berlin ist aber skeptisch

Berlin. Geht es nach Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD), sollten die Länder bei der heute beginnenden Innenministerkonferenz in Frankfurt Mut haben, sich festzulegen: Neumann sieht inzwischen die Mehrheit der Ressortchefs auf seiner Seite, um ein neues NPD-Verbotsverfahren zu starten. Forsch geht auch Sachsen-Anhalt das Thema an. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will eine länderübergreifende Arbeitsgruppe ins Leben rufen, um Materialien für einen Verbotsantrag zusammenzustellen. Beim sogenannten Kamingespräch wollen die Ressortchefs heute ihre Amtskollegen überzeugen. Ein einzelnes Bundesland kann nicht alleine einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht stellen, wohl aber der Bundesrat. Der erste Verbotsanlauf war 2003 gestoppt worden, weil die Rolle von V-Leuten in der NPD unklar war.

Im Bundesinnenministerium lösen die Länderpläne wenig Freude aus. Der parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU) wies zwar im Abendblatt darauf hin, dass die NPD eine extremistische Partei sei, "die gegen unsere Verfassung und gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeitet", und dass die Sicherheitsbehörden extrem wachsam sein müssten. Einen neuen Anlauf für ein Parteiverbot lehnte er jedoch ab. "Bei einem Parteienverbotsverfahren allerdings haben wir das Problem, dass wir auf unsere Informationsquellen verzichten müssten. Die Folge: Wir hätten keinen Einblick mehr in die Strukturen der Partei und könnten auch ein Verbotsverfahren nicht mehr erfolgreich führen."

Anders als beim NPD-Verbot stehen die Innenminister bei den Anti-Terror-Gesetzen unter Zugzwang. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wandte sich erneut gegen eine ausnahmslose Verlängerung dieser befristeten und zum Jahresende auslaufenden Gesetze. Sie sagte dem "Tagesspiegel", mit ihrer Partei werde es "kein pauschales Durchwinken" geben. Notwendig sei mehr Kontrolle und Transparenz im Bereich der Nachrichtendienste.

Innenstaatssekretär Schröder signalisierte Kompromisswillen. "Zu den Anti-Terror-Gesetzen sind wir in Gesprächen mit der FDP auf allen Ebenen", sagte er. Bundesinnenminister Hans-Peter-Friedrich (CSU) sei in den vergangenen Wochen einen Schritt auf die Bundesjustizministerin zugegangen und habe signalisiert, dass auch er sich eine weitere Befristung der Gesetze vorstellen könne, betonte Schröder. Er mahnte zugleich zur Eile: "Wichtig ist, dass wir die Regelungen rechtzeitig verlängern." Allen müsse bewusst sein, dass Deutschland im Fadenkreuz des Terrorismus stehe und man die Maßnahmen der Anti-Terror-Gesetze brauche, um gegen islamistische Netzwerke vorzugehen. "Das ist uns etwa bei der Terrorzelle in Düsseldorf auch durch Maßnahmen der Anti-Terror-Gesetze gelungen." Er gehe davon aus, dass die Koalition eine gute Lösung finden werde. Innenminister Friedrich will in Frankfurt Ergebnisse seines Hauses zur Evaluierung der Anti-Terror-Gesetze vorlegen und diese Beurteilung seinen Länderkollegen zur Verfügung stellen.

Innensenator Neumann sprach sich klar für eine Verlängerung des Gesetzespakets aus. "Es macht Sinn, die bisherigen Gesetze gegen den internationalen Terrorismus für weitere fünf Jahre zu verlängern", sagte der SPD-Politiker dem Abendblatt. "Die Rechtsgrundlagen haben uns sehr geholfen, Terrorermittlungen durchzuführen." Neumann warnte zugleich, dass der Streit der Koalitionspartner in Berlin um die Anti-Terror-Gesetze keine Auswirkung auf die Sicherheit im Land haben dürfe. Scharfe Kritik übte der Innensenator an der FDP, die seiner Meinung nach versucht, "sich zulasten der Sicherheit in unserem Land zu profilieren". Wenn die Sicherheitslage so sei, wie der Bundesinnenminister sie darstelle, könne er nicht nachvollziehen, warum sich die Koalitionsparteien in Berlin gegenseitig so lahmlegen, sagte Neumann.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) nannte die Vorratsdatenspeicherung unverzichtbar und forderte die Bundesregierung auf, rasch zu handeln. Es sei nicht hinnehmbar, dass schwerste Verbrechen zurzeit nicht aufgeklärt werden könnten, weil den Behörden ein wichtiges Instrument zur Strafverfolgung fehle: "Zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten im Internet, vor allem aber auch vor terroristischen Anschlägen, muss es künftig möglich sein, in klar definierten Fällen und in engen gesetzlichen Grenzen auf erforderliche gespeicherte Daten zurückzugreifen."