Wenn es zu dauerhaften Stilllegungen kommt, könnten sie Schadenersatz von der Regierung fordern

Berlin. Es ist nicht ganz unwichtig, was David McAllister (CDU) gestern im niedersächsischen Landtag verkündete. Der Betreiber E.on bestehe auf einer schriftlichen Weisung, um das Atomkraftwerk Unterweser für drei Monate vom Netz zu nehmen, sagte der Ministerpräsident. Gleiches hatte E.on schon bei Isar 1 in Bayern eingefordert. Die Weisungen der Atomaufsichtsbehörden der Länder erfolgten prompt, und beide Meiler gehen nun mindestens für drei Monate vom Netz.

Statt aus freien Stücken die Anlagen herunterzufahren, beharren die Energieunternehmen also auf schriftlichen Anweisungen, was wichtig ist, wenn der Klageweg beschritten wird. In den Konzernzentralen beugen sich nun Juristen über die Papiere. "Schon aus aktienrechtlichen Gründen gibt es natürlich die Notwendigkeit, die Dinge genau zu prüfen, was man hier tut", sagt ein Kernkraft-Manager. Man hoffe, dass sich nach den Landtagswahlen die Lage wieder etwas beruhige, heißt es. E.on-Chef Johannes Teyssen sieht die Stilllegung politisch motiviert, denn sicherheitstechnisch ließe sich die Abschaltung der Anlagen nicht begründen.

Marco Cabras von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sagt, dass sich die Konzerne womöglich auf das Grundgesetz berufen können. Artikel 14 sehe eine Entschädigung für den Fall eines nachträglichen Eingriffs in privates Eigentum vor. "Denn dabei handelt es sich ja um Eigentum der Aktionäre." Auf der Grundlage könnten die Unternehmen die Stilllegung nicht verhindern, aber Schadensersatz einfordern.

Andere EU-Partner würden erst die Erkenntnisse aus der Katastrophe von Fukushima analysieren, bevor gehandelt werde, argumentieren die Konzer-Chefs. Die Anlagen in Deutschland seien nicht unsicherer als vor einer Woche oder einem halben Jahr. Die Unternehmen halten die Anwendung des Notstandsparagrafen 19, Absatz 3 im Atomgesetz für nicht gerechtfertigt.

Der Präsident des Deutschen Atomforums, Ralf Güldner, fordert nun einen runden Tisch, um gemeinsam weiter zu überlegen. "Dann wird es am Ende auch nicht um die Diskussion gehen, dass man gegen Dinge, die man vorher gemeinsam festgelegt hat, klagen muss", sagt er. Er rät der Regierung, sich nicht von der Opposition treiben zu lassen, und betont: "Das ist eine sehr unübersichtliche Gemengelage."

Die Regierung hat sich in eine Zwickmühle manövriert. Der öffentliche Druck ist groß, die sieben Anlagen und den Meiler in Krümmel nach Ende des Moratoriums im Juni nicht wieder ans Netz zu lassen - sonst müssten sich Union und FDP vorwerfen lassen, das Moratorium nur aus wahlkampftaktischen Gründen verhängt zu haben. Die Energieunternehmen hingegen, deren Kurse nach der Ankündigung Merkels eingebrochen sind, könnten auf Schadensersatz klagen - mit guten Erfolgsaussichten. Sie würden wohl davon absehen, wenn möglichst viele Meiler im Juni wieder hochfahren dürfen.