Die Politik soll die Wirtschaft zum Recycling zwingen. Mobiltelefone sind “wahre Rohstofflager“ - denn die Ressourcen werden knapp.

Berlin. Die Ressourcen werden knapp - nicht nur bei den fossilen Energieträgern ist dies so, sondern auch bei Metallen für technische Geräte. Geht es nach dem Umweltbundesamt (UBA), müssen Verbraucher vor allem Mobiltelefone nachhaltiger nutzen. UBA-Präsident Jochen Flasbarth sprach sich im Abendblatt dafür aus, schonender mit Handys umzugehen und alte Geräte zu recyceln. Seiner Meinung nach kann hierfür die Politik entscheidende Weichen stellen. "Wie bei der Öko-Design-Richtlinie der Europäischen Union sollten der Wirtschaft Standards für Ressourceneffizienz bei Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten gesetzt werden", schlug Flasbarth vor. Damit kämen nur noch Handys auf den Markt, die zumindest teilweise aus recycelten Materialien bestehen.

Die bisherige Strategie der Wirtschaft, die Rohstoffknappheit durch möglichst günstige Handelsvereinbarungen mit den Lieferländern zu lösen, sei viel zu kurzsichtig, kritisierte Flasbarth. Er forderte: "Wir brauchen den sparsamsten Einsatz von Rohstoffen, langlebige Produkte und ein gutes Recycling." Er appellierte an die Mobilfunkanbieter, die Rückgabe alter Handys zu belohnen. "Warum bieten die Mobiltelefonanbieter nicht jedem eine Gutschrift an, der sein altes Telefon zurückbringt, bevor er ein neues kauft? Das wäre auch gut für die Umwelt."

Alte Handys seien "wahre Rohstofflager", so der UBA-Chef. Seine Behörde schätzt den Materialwert der mehreren Millionen aussortierten Mobiltelefone in deutschen Haushalten auf mindestens 65 Millionen Euro. Diese verstaubten ungenutzt in deutschen Haushalten - und mit ihnen wertvolle Rohstoffe, so Flasbarth. Den Mobilfunkanbietern warf er vor, mit ihrer Tarifstruktur die Kunden zu einer ständigen Neuanschaffung von Handys zu drängen: "Innovativ und ressourcenschonend wäre es, statt bei Vertragsverlängerung immer ein neues Gerät zu subventionieren, dem Kunden eine kostenlose Dienstleistung zu schenken."

Die IT-Branche warnte er vor drastischen Einschnitten bei der Verarbeitung der sogenannten Seltenen Erden. Diese Metalle mit Namen wie Ytterbium oder Neodym sind für Mobiltelefone oder Flachbildschirme notwendig, kommen aber auch in Umwelttechniken wie Windkraft, Fotovoltaik oder bei Elektromobilität zum Einsatz.

Nach der Ankündigung des chinesischen Umweltministeriums, die Emissionsnormen für jene Industrien zu verschärfen, die Seltene Erden verarbeiten, rechnet das UBA mit Konsequenzen für den Weltmarkt. "Strengere Umweltauflagen in China könnten das Angebot an Seltenen Erden weiter verknappen." Heute fördert China rund 97 Prozent des Weltbedarfs an Seltenen Erden, besitzt aber nur rund 38 Prozent der weltweiten Vorkommen. Der weltweit steigende Bedarf, eine strenge Ausfuhrkontrolle über ein Quotensystem sowie die Tatsache, dass sich die Volksrepublik eine strategische Reserve dieser Hightech-Metalle anlegt, führten in den vergangenen Monaten zu einer Verknappung des Angebots und steigenden Preisen. Tatsächlich wurden noch vor 20 Jahren mehr als ein Drittel aller Seltenen Erden vor allem in Nordamerika gefördert, bis die Einhaltung hoher Umweltstandards zu teuer erschien. Nun werden diese Minen wieder geöffnet.

China selbst will nun offenbar bei der Förderung und Verarbeitung der Seltenen Erden den Raubbau an der Natur beenden. Dazu solle die Anzahl der Minen von 123 auf weniger als zehn reduziert werden und die Anzahl der Aufbereitungsunternehmen von 73 auf 20, heißt es aus dem UBA.

Auf die Handy-Industrie kommen damit ungeahnte Schwierigkeiten zu, die nötigen Rohstoffe zu erlangen. Die westlichen Industrieunternehmen hätten bislang ohne langfristige Strategie in Ländern eingekauft, wo niedrige Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards einen günstigen Preis garantierten, kritisierte UBA-Chef Flasbarth. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass in den vergangenen Jahrzehnten Minen zum Abbau Seltener Erden in Industrieländern wie den USA wegen angeblich zu hoher Umweltauflagen geschlossen wurden und die Käufer von Metallen sich dann in Ländern eingedeckt haben, in denen Rohstoffe unter nicht umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen gewonnen werden", so Flasbarth weiter.

Der für Handys wichtige Stoff Tantal komme zudem oft aus hart umkämpften Bürgerkriegsregionen wie dem Kongo. "Auch hier müssen die Hersteller von Mobilfunkgeräten mehr Verantwortung zeigen und sich nachweisen lassen, dass sie keine Stoffe aus Krisenländern nutzen", so der UBA-Chef.