Der Verteidigungsminister schickt den Reform-Staatssekretär Otremba in Ruhestand. Eine Kampagne gegen Nachwuchssorgen ist angelaufen.

Berlin. Die Bundeswehrreform hat zumindest in einem Punkt bestand: Zum 1. Juli wird die allgemeine Wehrpflicht aufgehoben. Doch drosselte der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag das Tempo der größten Neuorganisation der deutschen Streitkräfte. Zugleich verabschiedete er sich von dem für die Reform bisher zuständigen beamteten Staatssekretär Walther Otremba (59).

De Maizières erster Tagesbefehl lautete, er werde Entscheidungen zur Neuausrichtung der Bundeswehr erst «nach einer gründlichen Lagefeststellung» treffen. Er wisse um die Dringlichkeit der Reform. «Dennoch: Ich nehme mir die Zeit, die ich brauche», heißt es in dem Schreiben an alle Soldaten.

Nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu Wochenbeginn hatte die Opposition eine Aussetzung der Bundeswehrreform gefordert. De Maizière stellte in dem Tagesbefehl indes klar, dass er am größten Umbau der Bundeswehr in der Geschichte festhalten wolle. Lediglich beim Tempo und den Prioritäten könnte es Verschiebungen geben. Ein Sprecher sagte, «leichte Richtungsänderungen» seien denkbar.

An der für 1. Juli angekündigten Aussetzung der Wehrpflicht soll indes nicht gerüttelt werden. Bereits seit Anfang März zieht die Bundeswehr keine jungen Männer mehr gegen ihren Willen ein. Daraus haben sich mittlerweile erste Nachwuchssorgen ergeben. Personelle Engpässe sind absehbar, wenn zu Jahresmitte die 12.000 im Januar einberufenen Wehrpflichtigen gehen.

Der Termin 1. Juli sei «unverrückbar», betonte das Verteidigungsministerium. Wegen der Nachwuchsprobleme vor allem in den Mannschaftsdienstgraden sei eine Werbekampagne angelaufen, die in diesem Jahr knapp 5,7 Millionen Euro umfasst. Das ist ein um 286.000 Euro oder 5,3 Prozent höherer Werbeetat als im Vorjahr.

Angelaufen sind nach Ministeriumsangaben bereits erste TV- und Radiospots zur Freiwilligenwerbung. Demnächst soll eine Anzeigenkampagne in der «Bild»-Gruppe laufen. Diese werde «mit Sicherheit» kommen, sagte ein Ministeriumssprecher. Im Bundestag hatte die enge Verbindung zwischen dem Verteidigungsministerium und «Bild» jüngst für heftige Empörung der Opposition gesorgt.

Die Bundeswehr folge hier den Empfehlungen der beauftragten Agentur ZenithMedia, «die diese Werbeträger unter anderem aufgrund der Reichweite und der Zielgruppenanalyse vorgeschlagen hat», betonte das Ministerium in einer Erklärung. Insgesamt seien 4,8 Millionen Euro für die Werbung für eine Mannschaftslaufbahn bei der Bundeswehr vorgesehen. Nach derzeitiger Planung entfallen 12,5 Prozent auf «Bild», «Bild am Sonntag» und «Bild»-Online.

Mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz, das Ende des Monats im Bundestag beschlossen werden soll, ist nicht nur die Aussetzung der Wehrpflicht verbunden. Darin geregelt sind auch finanzielle Anreize für den Freiwilligendienst in den Streitkräften, der zumal auch für Frauen geöffnet wird.

In einem offenen Brief wandte sich unterdessen der Deutsche Bundeswehrverband an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Dabei geht es um die Forderung, die Kürzung des Weihnachtsgeldes wieder rückgängig zu machen. Der Bundestag hatte Ende 2010 entschieden, die vier Jahre zuvor beschlossene Kürzung nicht wie ursprünglich geplant 2011 zurückzunehmen. «Dieses Vorgehen stellt einen massiven Vertrauensbruch dar», sagte Verbandschef Oberst Ulrich Kirsch.


Militärische Ehren für den neuen Verteidigungsminister

Mit militärischen Ehren ist am Donnerstag der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) im Bendlerblock in Berlin zu seinem Dienstantritt empfangen worden. Zusammen mit dem bisherigen Amtsinhaber Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) legte er am Ehrenmal der Bundeswehr einen Kranz nieder, bevor sich beide Politiker zur förmlichen Amtsübergabe zurückzogen. Zu der Zeremonie waren auch Generalinspekteur Volker Wieker und die Inspekteure der Teilstreitkräfte gekommen.

Am Vormittag hatte Guttenberg aus den Händen von Bundespräsident Christian Wulff seine Entlassungsurkunde erhalten. Zugleich ernannte Wulff auf Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren bisherigen Innenminister zum neuen Bundesminister der Verteidigung. De Maizière ist der 16. Ressortchef im Verteidigungsministerium seit Bestehen der Bundeswehr.

Guttenberg wird in der kommenden Woche mit einem Großen Zapfenstreich förmlich von der Bundeswehr verabschiedet. (dapd/abendblatt.de)