Der Preis für die Freiheit der Reporter ist ein Handschlag mit Teherans Diktator Ahmadinedschad

Nach monatelangen Verhandlungen mit dem iranischen Regime holte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die beiden Reporter Jens Koch und Marcus Hellwig nach Deutschland zurück. "Ich hoffe, sie erholen sich bald - körperlich wie seelisch - und können die schlimmen Erlebnisse der letzten Monate überwinden", ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mitteilen. Westerwelle bedankte sich bei allen, die an der Lösung dieses "sehr komplizierten Falles" mitwirkten. Ausdrücklich nannte er den iranischen Außenminister Ali Akbar Salehi.

Dieser hatte Westerwelle in mehreren Telefonaten Ende Dezember erstmals signalisiert, dass eine Freilassung der deutschen Staatsbürger möglich sei. Im Auswärtigen Amt hielt man diese Zusage für glaubwürdig, war sich aber nicht sicher, ob Salehi angesichts der verschachtelten Machtverhältnisse in dem autokratischen Regime tatsächlich würde liefern können. Am Dienstagabend erhielt Berlin dann die Nachricht, dass eine Lösung näher rücke. Die iranische Justiz hatte die Reporter zu einer Gefängnisstrafe von 20 Monaten verurteilt, gleichzeitig aber die Umwandlung der Haft in eine Geldstrafe von jeweils 500 Millionen Rial (rund 36 500 Euro) in Aussicht gestellt. Vier Tage lang liefen die Telefonleitungen heiß, dann war klar, welche Bedingungen Teheran stellte: Neben der Zahlung der Geldbuße in bar wurde eine Entschuldigung des Verlags Axel Springer verlangt, in dem neben "Bild am Sonntag" auch das Hamburger Abendblatt erscheint. Vor allem aber machten die Iraner deutlich, dass sie einen Besuch Westerwelles bei Präsident Mahmud Ahmadinedschad erwarteten.

Für den Minister war das eine heikle Forderung. Ahmadinedschad wird wegen der Menschenrechtsverletzungen in seinem Land und wegen wiederholter Hetzreden gegen Israel von den meisten westlichen Politikern gemieden. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt das Mullahregime außerdem, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms an Atomwaffen zu bauen. Seit siebeneinhalb Jahren war deshalb kein deutscher Außenminister mehr in Teheran. Westerwelle stand nun vor einer schwierigen Entscheidung: Sollte er dem Diktator vor laufenden Fernsehkameras die Hand schütteln, um anschließend die beiden Reporter mit nach Hause nehmen zu können? Oder sollte er die Forderung nach einem Treffen ausschlagen und die Reporter bleiben im Gefängnis?

Der Außenminister entschied sich, die Kröte zu schlucken und Ahmadinedschad zu treffen. Im Auswärtigen Amt hieß es, Westerwelle habe bei dem einstündigen Treffen in professioneller Atmosphäre die Menschenrechtslage ebenso angesprochen wie die Demokratiebewegung in der arabischen Welt. "Mein Besuch diente einem klaren Anliegen", sagte Westerwelle nach seiner Rückkehr. "Es war kein Besuch, bei dem es große Verhandlungen gegeben hätte." Gespräche beispielsweise über das Atomprogramm seien nicht über den Austausch der bekannten Positionen hinausgegangen, war zu hören.

Trotz der Zusagen aus Teheran war sich die deutsche Delegation bis zum Schluss nicht sicher, ob die Befreiung der Reporter gelingen würde. An Bord von Westerwelles Regierungsmaschine und später in Teheran habe sich ein "veritabler Krimi" abgespielt, hieß es im Auswärtigen Amt. So verzögerte sich der Abflug aus Berlin zunächst um Stunden, weil die Iraner schon die erste Bedingung der Deutschen - einen Blickkontakt von Botschaftsmitarbeitern mit den Häftlingen in Täbris - erst mit Verspätung erfüllten. Auch nach dem Start des Regierungsairbus war ein mögliches Abdrehen vor dem iranischen Luftraum noch einkalkuliert. Doch kurz vor dem Erreichen der Landesgrenze erreichte Westerwelle die Nachricht, dass seine zweite Bedingung erfüllt worden war: die Übergabe der Reporter in deutsche Obhut. Im Landeanflug auf Teheran hieß es dann, die Journalisten seien in der Residenz des deutschen Botschafters in Teheran eingetroffen. Also erfüllte nun Westerwelle seine Zusagen und führte die vereinbarten Gespräche mit Präsident Ahmadinedschad und Außenminister Salehi.

Während dieser Treffen wurden Hellwig und Koch im Wagen des Botschafters zum Flughafen gebracht. Dort warteten sie im Auto, das als deutsches Hoheitsgebiet gilt, bis Westerwelle zu ihnen stieß. Weitere Verzögerungen folgten, bis die Delegation ihre Ausreisestempel in den Pässen hatte.

Die iranischen Medien schlachteten den Westerwelle-Besuch propagandistisch aus, feierten die Visite als großen außenpolitischen Erfolg.