Verteidigungsministerium plant umfassende Militärkooperation auf EU-Ebene. CDU erhöht Spardruck auf Minister zu Guttenberg

Berlin. Die Bundesregierung will die militärische Zusammenarbeit auf EU-Ebene massiv ausbauen. Erste Kooperationen soll es auf der Führungsebene und im Ausbildungsbereich geben, kündigte der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), im Hamburger Abendblatt an. Ab 2012 soll die Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen beginnen. Man könne sich in Deutschland vorstellen, "den Bereich der Luftverteidigung in eine gemeinsame europäische Ausbildung zu geben", sagte Schmidt. Möglicherweise könne man hier gemeinsame Einheiten bilden und die Flottenpolitik optimieren, regte er an.

In einem ersten konkreten Schritt will das Verteidigungsministerium die Führungsfähigkeit auf europäischer Ebene verbessern. Laut Schmidt soll eines der Bundeswehr-Hauptquartiere in ein europäisches Hauptquartier umgewidmet werden. Es handelt sich um das Kommando Operative Einsatzkräfte in Ulm. "Dieses deutsche Hauptquartier kann auf EU-Ebene ein Operation Headquarters (OHQ) oder Force Headquarters (FHQ) werden. Dieses Angebot machen wir an unsere europäischen Nachbarn, um unseren Partnerschaftswillen in die Tat umzusetzen", so der CSU-Politiker.

Eine multilaterale Zusammenarbeit hält das Verteidigungsministerium auch bei den Schutz- und Abwehrmaßnahmen gegen ABC-Kampfmittel - atomare, biologische und chemische Kampfstoffe - für denkbar. "Wir stecken noch in der Prüfphase. Noch sind keine Entscheidungen gefällt. Alle Teilstreitkräfte entwickeln derzeit kreative Ideen", machte Schmidt deutlich.

Grundsätzliches Ziel ist nach Schmidts Angaben, gemeinsame militärische Standards zu erreichen. "In Ausrüstung und Ausbildung sind die EU-Staaten noch zu weit voneinander entfernt", kritisierte der parlamentarische Staatssekretär. Er machte zugleich deutlich, dass die EU eine ökonomische Synergie anstrebe. "Wir rechnen europaweit mit Einsparungen in Milliardenhöhe", sagt Schmidt.

Beim Verteidigungsminister-Treffen im Mai sollen voraussichtlich die ersten Ergebnisse der nationalen Prüfungen militärischer Fähigkeiten und Unabdingbarkeiten vorgelegt werden. Die Planungen für die Kooperationen auf EU-Ebene gehen zurück auf das Verteidigungsministertreffen im belgischen Gent im vergangenen September. Nach Worten Schmidts werden nach dem Treffen im Mai weitere, dann multinationale Arbeitsgruppen ihre Abstimmungen aufnehmen und ihre Ergebnisse Ende 2011 vorlegen. "Und ja, ab 2012 werden wir dann mit den ersten europäischen Projekten beginnen können." Im Wesentlichen werde es um bilaterale Partnerschaften gehen, sagte der CSU-Politiker. "Anfangs bieten sich mit den größeren Staaten Frankreich, Polen, Großbritannien, Italien und Spanien am ehesten Kooperationen an. Wir wollen aber auch die bestehende internationale Zusammenarbeit bei der deutsch-französischen Brigade und dem deutsch-niederländischen Korps ausbauen", sagt Schmidt.

Für Ärger auf höchster Ebene sorgt unterdessen der geplante Großumbau bei der Bundeswehr. Das Bundeskanzleramt kritisiert nach einem Zeitungsbericht, in der Reform werde die Leitungsebene nur unzureichend gestrafft, "Kompetenzrangeleien" blieben erwartbar, heißt es laut "Süddeutscher Zeitung" in einer Vorlage für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Personalabbau und das Sparziel würden nicht im benötigten Ausmaß verwirklicht. Deutlich mehr Standorte, als von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in Aussicht gestellt worden sei, müssten geschlossen werden. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) mahnte unterdessen bei Guttenberg die Einhaltung der Sparziele an. Die Koalition hatte sich im vergangenen Jahr darauf verständigt, bei der Bundeswehr bis 2014 8,3 Milliarden Euro einzusparen. Guttenberg gabe inzwischen öffentlich zu, dass er dieses Ziel nicht werde einhalten können. Er soll bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angeblich 1,2 Milliarden Euro zusätzlich bis 2014 eingefordert haben. Altmaier sagte, er halte es "für falsch, jetzt den Spardruck zu verringern".