Der Außenminister will deutsche Truppen in Afghanistan nicht länger sehen als notwendig. Guttenberg findet Debatte “aufgeblasen“.

Berlin/Hannover. Der Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan soll Ende des Jahres beginnen. Noch aber werden neue Soldaten in den Einsatz an den Hindukusch geschickt. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verabschiedete am Freitag im niedersächsischen Landtag in Hannover 250 Soldaten nach Afghanistan und auf den Balkan. Die Abzugsdebatte bezeichnete er als "aufgeblasen". In der Bundesregierung gebe es eine gemeinsame Position, dass der Abzug Ende 2011 beginnen kann, "wenn es die Lage erlaubt", sagte Guttenberg.

Gegen eine Festlegung auf einen Zeitplan hatte er sich bereits Mitte der Woche ausgesprochen: es sei ihm "wurscht", welcher Termin im Mandat genannt werde, Hauptsache die Bedingungen stimmten. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hingegen pocht auf Einhaltung des Zeitplans. "Wenn wir uns keinen Zeitplan geben, dann ist die Gefahr zu groß, dass es in Afghanistan so weitergeht wie bisher", warnte der Vizekanzler im Abendblatt. "Ich möchte Kampftruppen der Bundeswehr in Afghanistan nicht länger sehen, als es unbedingt notwendig ist", betonte er und verwies auf die vereinbarte Haltung der Bundesregierung: "Wir sind zuversichtlich, noch 2011 die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan reduzieren zu können."

Der Minister verwies auf vier Ziele, die sich die Bundesregierung für Afghanistan gesetzt habe. "Erstens wollen wir im ersten Halbjahr 2011 mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen in den Provinzen beginnen. Zweitens wollen wir Ende 2011 unser Bundeswehrkontingent erstmals reduzieren." Drittens wolle man Ende 2014 so weit sein, "dass wir die Sicherheitsverantwortung vollständig an Afghanistan übergeben haben". Viertens werde Deutschland auch nach 2014 das Engagement in Afghanistan fortsetzen und bei der Stabilisierung des Landes helfen. "Dieser Zeitplan ist international abgestimmt, und daran halten wir uns", so Westerwelle.

Der Außenminister appellierte erneut an die Fraktionen im Bundestag, am 28. Januar der Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes zuzustimmen. "Es ist wichtig, dass die Frauen und Männer vor Ort eine große Rückendeckung des Bundestags für ihren Einsatz erhalten", machte Westerwelle deutlich. "Wir Deutsche müssen den Soldaten in Afghanistan unsere Dankbarkeit auch zum Ausdruck bringen."

Doch bei der Mandatsentscheidung wird in der SPD-Fraktion inzwischen mit erheblich mehr Gegenstimmen und Enthaltungen gerechnet als zunächst erwartet. Grund sei die jetzt "völlig unterschiedliche Interpretation" des Kabinettsbeschlusses zur Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes durch FDP-Chef Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), hieß es am Rande der Klausursitzung der SPD-Bundestagsfraktion am Freitag in Magdeburg. Viele Abgeordnete seien irritiert, weil nach den Äußerungen der Minister völlig unklar sei, was die Bundesregierung nun tatsächlich wolle.