Die Besatzung der Fregatte “Hamburg“ feiert Weihnachten im Anti-Piraten-Einsatz. Die 23-jährige Elvira T. aus Winsen ist als Obermaat dabei.

Hamburg. Wie sich Weihnachten anfühlt, wenn der Christbaum festlich geschmückt ist, wenn draußen der Schnee frostig glitzert und man sich im weichen Kerzenschein beschenkt, das wissen die meisten von uns. Doch wie fühlt sich Weihnachten an, wenn draußen 30 Grad herrschen, die Sonne brennt, der Boden unter den Füßen schwankt und man Gefahr läuft, dass einem jederzeit Kugeln um die Ohren pfeifen können?

Elvira T. aus Winsen an der Luhe weiß genau, wie sich das anfühlt. Die 23-Jährige tut Dienst als Obermaat auf der Fregatte "Hamburg" der Bundesmarine. Und dieses moderne Kampfschiff ist über Weihnachten und Silvester im Anti-Piraten-Einsatz der "Operation Atalanta" der Europäischen Union - mitsamt Elvira. "Leider", sagt die Soldatin telefonisch dem Hamburger Abendblatt von Bord der "Hamburg" aus, denn so richtig weihnachtlich sei ihr bei der Hitze nicht zumute. Sie fügt aber gleich hinzu, dass die Stimmung unter der Besatzung ziemlich gut sei.

Man richtet sich eben ein, so festlich es geht: "Wir haben die Unteroffiziersmesse schon geschmückt und werden am 23. auch einen Weihnachtsbaum aufstellen. Am Heiligen Abend werden wir acht Frauen an Bord der 'Hamburg' zusammen etwas kochen." Und was? "Das ist eine Überraschung." Die Smuts - Köche in der Sprache der Seebären - werden den Soldatinnen ein wenig zur Hand gehen, damit es garantiert ein leckeres Weihnachtsessen wird. Da es einen Pfarrer an Bord gibt, geht Obermaat Elvira schwer davon aus, dass man auch einen feierlichen Weihnachts-Gottesdienst auf der "Hamburg" erleben wird.

Dass Frauen an Bord des Patenschiffs der Hansestadt Hamburg sind, ist mit Blick auf den Missionsnamen "Atalanta" ziemlich sinnreich - Atalanta ist in der griechischen Mythologie nicht nur die schnellste Läuferin Griechenlands, sondern auch eine gnadenlose Jägerin, die angreifende Feinde mit dem Bogen niederstreckt.

Seit dem 21. November 2010 ist die Fregatte der Sachsen-Klasse mit der Kennung F 220 an der multinationalen Marine-Mission beteiligt. Das 143 Meter lange, 5600 Tonnen verdrängende und 51 000 PS starke Mehrzweck-Kriegsschiff mit seinen Lenkflugkörpern, Bordgeschützen, Torpedorohren und Hubschraubern zur U-Boot-Jagd hat eine Besatzung von 255 Männern und Frauen. Die "Hamburg" zählt zu den modernsten Luftverteidigungsschiffen der Welt. Etliche Bereiche des Schiffes sind mit Hamburger Straßennamen versehen. So heißt die Brücke "Schöne Aussicht", ein langer Gang "Elbchaussee" und die Kajüten der Frauen liegen - das war wohl unvermeidlich - auf dem "Jungfernstieg". Auch eine "Reeperbahn" und einen "Hans-Albers-Platz" gibt es. Obermaat Elvira T. - ihr Rang entspricht einem Stabsunteroffizier bei Heer und Luftwaffe - wird Heiligabend nicht einmal mit der Familie telefonieren können, da die "Hamburg", die am Wochenanfang noch in Dschibuti lag, dann auf See im Einsatz ist.

Immerhin kamen die Grüße aus der kalten Heimat pünktlich für das Fest an. "Gestern haben wir ganz viel Material übernommen, und da war auch jede Menge Post dabei. Eigentlich jeder an Bord hat bereits Weihnachtsgeschenke geschickt bekommen", sagt sie. Bedauernd fügt die Soldatin, die selber zum Versorgungspersonal gehört, hinzu: "Aber ich durfte sie ja noch nicht auspacken." Auch an Bord gelten eben die strengen Weihnachtsgesetze. Zu Hause in Winsen schmückt die Familie - Elviras Eltern, Schwester und Bruder - traditionsgemäß am 23. zusammen den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer. "Und dieses Jahr bin ich eben nicht dabei", sagt Elvira. Sonderlich bedrückt sei die Familie wegen ihrer Abwesenheit aber nicht, beteuert sie: "Die freuen sich für mich. Sie wissen schließlich, dass es schon mein Kindheitstraum war, Soldatin zu werden und zur See zu fahren." Außerdem funktioniere das ganz gut mit der Kameradschaft an Bord, sie könne den Soldaten durchaus etwas Geborgenheit geben. Auf acht Jahre hat sie sich bei der Bundeswehr verpflichtet, ein Jahr davon ist erst herum - und Elvira T. überlegt bereits jetzt ernsthaft, zu verlängern. "Das macht wirklich Spaß", versichert sie. Aber der Beruf des Marinesoldaten ist doch nicht ganz ungefährlich, gerade die Piratenjagd am Horn von Afrika? "Stimmt", gibt sie zu. Und dann: "Trotzdem."

Obermaat Elvira T. liebt ihren Beruf, die See und die Ferne.

Aber eines will sie zu Weihnachten doch noch loswerden, bevor sie wieder Piraten jagen geht: "Ich grüße meine Familie und meine Freunde."