Seeheimer Kreis sieht Sozialdemokraten in schwerer Identitätskrise

Berlin. In der SPD ist nach Monaten relativer Ruhe ein offener Streit über die künftige Ausrichtung entbrannt. Führende Sozialdemokraten wiesen die scharfe Kritik des rechten Parteiflügels am Kurs von SPD-Chef Sigmar Gabriel und der übrigen Führung empört zurück. Der konservative "Seeheimer Kreis" sieht aber keinen Grund, klein beizugeben und die Vorwürfe zurückzunehmen.

Gabriel versuchte, die aufgeflammte Debatte einzudämmen. "Ich finde eine solche Diskussion zwölf Monate nach einer schweren Wahlniederlage richtig und gut", sagte er im Deutschlandfunk. Die Partei müsse sich nach einem solchen Einschnitt damit befassen, was man falsch gemacht habe. Gleichzeitig müsse sie sich aber auch der Zukunft zuwenden.

Auslöser für die parteiinterne Aufregung war ein sechsseitiges Thesenpapier vom Seeheimer-Sprecher Garrelt Duin mit dem Titel: "Mut zur Sozialdemokratie". Darin heißt es, die Partei stecke in einer schweren Identitätskrise und habe keine schlüssigen Antworten auf die Sorgen vieler Menschen. Sie habe keinen klaren Kurs und spiele deshalb in der politischen Diskussion keine Rolle. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hielt Duin Disziplinlosigkeit vor. Als Mitglied des Parteivorstands hätte er dort jederzeit seine Meinung sagen können, sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Auch Fraktionsvize Joachim Poß nannte Duins Verhalten "unerfreulich und verfehlt". Dagegen sagte die Kosprecherin der Seeheimer, Petra Ernstberger: "Wir stehen hinter Garrelt Duin." Aus dem Willy-Brandt-Haus verlautete, Gabriel sei über die angezettelte Debatte "stinksauer" gewesen.