Minister kündigt an, beim Hamburger Gipfeltreffen Konflikte anzusprechen. China und Europa bräuchten einander mehr denn je.

Berlin. Vor seinem heutigen Auftritt bei der deutsch-chinesischen Wirtschaftskonferenz in Hamburg hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle vor einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen Europa und China gewarnt. "China und Europa brauchen einander mehr denn je. Eine intensive Zusammenarbeit ist von beiderseitigem Nutzen", sagte Westerwelle dem Hamburger Abendblatt. Er verwies auf die wirtschaftliche und politische Notwendigkeit der Europäischen Union, mit China zu kooperieren. "Für die EU ist China aufgrund seiner Größe, seiner Wirtschaftskraft und seiner politischen Bedeutung ein Schlüsselpartner im 21. Jahrhundert", sagte Westerwelle.

In seiner Rede beim "Hamburg Summit: China meets Europe" wird der Außenminister nach Angaben seines Sprechers die Perspektiven für den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland, Europa und China darstellen. Zu diesen Perspektiven zählen laut dem Sprecher ein gemeinsames Eintreten für offene Märkte und freien Handel einschließlich frei handelbarer Rohstoffe, aber auch balancierte Wechselkurse, der Schutz geistigen Eigentums und die Förderung rechtsstaatlicher Rahmenbedingen.

Es sind also die großen Konfliktthemen, die zuletzt auch das Verhältnis zwischen China und der westlichen Welt trübten, die Westerwelle heute offen ansprechen will. Der FDP-Vorsitzende machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass er keine Konflikte mit dem größten Land der Erde scheut. "Es ist zu begrüßen, dass China zunehmend Verantwortung in der globalen Politik und Wirtschaft übernimmt. Ehrliche Partnerschaft bedeutet, dass man auch über unterschiedliche Standpunkte offen redet", sagte Westerwelle.

Im Auswärtigen Amt wird das deutsch-chinesische Wirtschaftstreffen als die europaweit wichtigste Tagung angesehen, in der hochrangige Wirtschaftsentscheider aus China, Deutschland und Europa zusammenkommen. Für Westerwelle ist das Treffen daher ein Pflichttermin. Er schätze den Hamburg Summit als wichtiges Forum des Wirtschaftsdialogs zwischen Europa und China, sagte er. In seinem Ministerium heißt es, der Minister wolle mit seiner Teilnahme vor allem die Gelegenheit nutzen, den Chinesen die deutschen Ansätze zu einer Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen nahezubringen. Dabei soll es um die rechtliche Stellung von Unternehmen gehen, um Investitionsschutz und den Abbau von Handelshemmnissen. Doch auch den politischen Dialog werde Westerwelle suchen, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Gerade die jüngsten Vorfälle in Nordkorea würden zeigen, dass China in der internationalen Sicherheitsarchitektur eine besondere Verantwortung trage. Auch in den Fragen politischer Freiheiten und der Menschenrechte suche die Bundesregierung den offenen Dialog mit dem Land. Besonders in dieser Frage wird Westerwelles Auftritt von deutsch-chinesischen Missklängen überschattet. Angesichts der Nobelpreisverleihung an den chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo hatte sich Westerwelle für dessen Freilassung eingesetzt. "Wir würden es begrüßen, wenn er seinen Preis in Oslo persönlich entgegennehmen kann", hatte Westerwelle im Oktober im Abendblatt-Interview unmissverständlich an Chinas Regierung appelliert. China hatte dagegen die EU-Länder aufgefordert, der Verleihung am 10. Dezember fernzubleiben. Weder Liu noch seine in Peking unter Hausarrest gestellte Frau Liu Xia dürfen zur Verleihungsfeier nach Oslo reisen.

Es ist nicht der einzige Konflikt, den China derzeit mit dem Westen austrägt. Seit Wochen beherrscht ein Streit um billiges Geld die internationale Wirtschaftspolitik. Etliche Staaten werfen China vor, seine Währung künstlich zu schwächen, um den Export anzukurbeln. Die USA drängen zur schnelleren Aufwertung des Yuan und haben mittlerweile Strafzölle für chinesische Güter auf den Weg gebracht.

In der Auseinandersetzung mit China über seltene Rohstoffe hatte die EU zuletzt den Ton deutlich verschärft. China hat bei der Förderung Seltener Erden fast ein Monopol. Das Land verringerte in diesem Jahr seine Exportquote im Vergleich zu 2009 um 40 Prozent. Deswegen sind viele Länder besorgt, dass es zu Engpässen kommen könnte. Die Metalle werden vor allem in der Elektronikindustrie benötigt.