Opposition hält Kürzungen bei Arzneimitteln für nutzlos. Verbände fürchten schlechtere Versorgung

Berlin. Der Bundestag hat das Arzneimittelsparpaket beschlossen. Doch der Streit um Einsparungen im Gesundheitswesen bei teuren Pillen und Salben geht weiter. Heute wird zudem der zweite Teil der schwarz-gelben Gesundheitsreform im Parlament beschlossen. Auch hier wird ein Schlagabtausch zwischen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und der Opposition erwartet.

Rösler verteidigte das Sparpaket bei den Medikamenten, weil es die Krankenkassen und damit die Versicherten entlaste. 2009 gaben die Kassen rund 32 Milliarden Euro für Medikamente aus, 5,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Nun will Rösler zwei Milliarden Euro durch Zwangsrabatte sowie Sparbeiträgen von Industrie, Großhandel und Apothekern einsparen. Zudem sollen neue Arzneien auf ihren Nutzen getestet und die Preise gedrückt werden.

Rösler sagte im Bundestag, das Gesetz verfolge drei Ziele: der Pharmaindustrie einen Sparbeitrag abzuverlangen, ihr Preismonopol zu brechen und dennoch den Zugang zu bestmöglichen Medikamenten für die Menschen zu sichern. "Alle diese drei Ziele sind zu 100 Prozent erreicht worden", sagte Rösler. Der Sparbeitrag der Pharmaindustrie zeige, "wie entschlossen die Koalition hier ist". Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sprach vom stärksten Eingriff in den Pharmamarkt in der Geschichte.

SPD, Linke und Grüne halten das Gesetz für nutzlos und voller Schlupflöcher. Die zwei Milliarden Euro Ersparnis würden nie und nimmer erreicht, so die SPD-Gesundheitsexpertin Marlies Volkmer: "In dem Gesetz ist nicht das drin, was außen draufsteht."

Eine wichtige Änderung betrifft die Patienten. Sie können auf eigene Kosten ein teureres Medikament bekommen, wenn sie das Rabattmittel ihrer Krankenkasse nicht wollen. Kritiker befürchten, dass die Rabattverträge damit ausgehöhlt werden. Denn die Kassen können dem Hersteller keine Absatzmenge mehr garantieren.

Experten sowie Industrie, Ärzte und Apotheker sind uneins darüber, ob Röslers Sparpaket wirklich die Kostenexplosion bei den Pillen eindämmt. Die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft befürchtet dagegen, dass das Sparpaket wirkungslos bleibt.

Die Apotheker kritisierten: "Mit diesem Angriff auf die Apotheken wird ein Stützpfeiler der flächendeckenden Gesundheitsversorgung zertrümmert. Ohne Sinn und Verstand für den Nutzen und die Chancen einer hervorragenden Arzneimittelversorgung setzen CDU, CSU und FDP den Raubbau an Apotheken und Patienten fort", sagte Heinz-Günter Wolf vom Apothekerverband ABDA. Einer Durchschnittsapotheke drohe ein jährlicher Rohertragsverlust von rund 7500 Euro. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie warnte vor einer "deutlichen Verschlechterung der Versorgung" und "schwerwiegenden Auswirkungen auf die Forschung".