Wieder hat der Transport das Land Niedersachsen finanziell enorm belastet. Doch Bayern, Hessen und Baden-Württemberg wollen nicht helfen.

Berlin. Hessens Landesregierung schließt das südhessische Biblis als alternativen Standort für ein Atommüll-Zwischenlager aus. „Die Genehmigung des Zwischenlagers in Biblis lässt die Lagerung von Castoren mit Abfällen aus der Wiederaufbereitung nicht zu“, erklärte Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU). Ihr niedersächsischer Ressortkollege Hans-Heinrich Sander (FDP) hatte zuvor angeregt, Alternativen für das Zwischenlager in Gorleben zu prüfen. Die Umweltorganisation Greenpeace sieht nun Bewegung in der Debatte : „Wir sehen endlich einen Millimeter Bewegung bei Schwarz-Gelb. Zumal Umweltminister Sander eigentlich für eine sehr rückwärtige Politik steht“, sagte Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer.

Nach Ansicht Puttrichs lässt sich an dem bestehenden Lagerkonzept für Brennelemente nicht rütteln. Auch Biblis-Betreiber RWE verweist auf die Rechtslage. In Gorleben war am Dienstag der von massiven Protesten begleitete Castor-Transport mit Atommüll eingetroffen.

Greenpeace warf Puttrich Täuschung vor: „Die Genehmigung für das Zwischenlager Biblis lässt sich für die Lagerung von Castoren mit Abfällen aus der Wiederaufarbeitung erweitern“, erklärte Münchmeyer in einer Stellungnahme. „Die Gefahren durch den Atommüll sind für Gorleben nicht geringer, als sie es für Biblis wären.“

Die Linken im Wiesbadener Landtag argumentierten, die Ministerin handele nach dem Sankt-Florians-Prinzip („Verschon’ mein Haus, zünd’ andere an“). Die Landesregierung habe der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke zwar zugestimmt, wolle aber keinen Atommüll in Hessen lagern. Die Landtags-Grünen äußerten sich ähnlich. Puttrich mache es sich mit ihrer Haltung „sehr einfach“.

In der „Frankfurter Rundschau“ bekräftigte Sander den Vorschlag von Greenpeace, den Atommüll aus der Wiederaufarbeitung in La Hague und Sellafield künftig an anderen Standorten zum Beispiel in Bayern und Baden-Württemberg zu lagern. Das sei eine Möglichkeit, die man durchaus prüfen solle. „Der Protest wäre bestimmt weit geringer. Das würde Niedersachsen entlasten, das mit den Castor-Spektakeln eine ungeheure Last zu tragen hat.“

Auch aus Baden-Württemberg erhielt Sander eine Absage. Die Zwischenlager an den Kraftwerken Neckarwestheim und Philippsburg seien für die am jeweiligen Standort anfallenden Abfälle bestimmt. „Wir sehen deshalb keine großen Chancen für den Vorschlag des niedersächsischen Umweltministers“, sagte ein Ministeriumssprecher in Stuttgart. In Biblis gibt es nach Auskunft eines Sprechers des hessischen Umweltministeriums zwar ein Lager. In diesem befänden sich allerdings nur Castoren ausschließlich mit abgebrannten Brennelementen des dortigen Atomkraftwerkes. Derzeit gebe es 46 Behälter. Damit seien noch 89 der insgesamt 135 Stellplätze frei. „Für Atommüll aus der Wiederaufarbeitung gibt es hier aber keine Genehmigung“, bekräftigte der Sprecher. Niedersachsens Minister Sander sagte, es müsse möglichst schnell geklärt werden, ob der Gorleben-Salzstock für ein Endlager geeignet sei. Bei Nichteignung müsse eine neue Suche beginnen – und zwar in allen Bundesländern mit geologisch geeigneten Standorten.