Bund fördert Studiengänge für islamische Geistliche an drei Hochschulen. Hamburgs Weihbischhof sieht es als “Beitrag zur besseren Integration“.

Hamburg. Die Entscheidung von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), an drei deutschen Universitäten zum ersten Mal mit der Ausbildung islamischer Geistlicher zu beginnen , ist von den christlichen Kirchen und von Vertretern der muslimischen Religionsgemeinschaft positiv aufgenommen worden. Wie Schavan gestern in Berlin bekannt gab, erhalten die Universitäten Tübingen, Münster und Osnabrück den Zuschlag für ein Förderprogramm des Bundes, der an diesen Hochschulen Forschungsprofessuren, Mitarbeiterstellen und Nachwuchs für die nächsten fünf Jahre finanziert. Pro Standort sollen bis zu vier Millionen Euro bereitgestellt werden.

Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke nannte die Entscheidung für die komplett deutsche Ausbildung "einen Beitrag zur besseren Integration". Jaschke sagte im Hamburger Abendblatt, die Ausbildung sei die Voraussetzung für einen islamischen Religionsunterricht: "Muslime müssen ihre Kinder in einen Religionsunterricht auch an öffentliche Schulen schicken können, und dieser Unterricht muss von entsprechend ausgebildeten Lehrern gehalten werden." Dabei müsse man jetzt zunächst schrittweise Erfahrungen sammeln. "Wir als aufgeklärte Gesellschaft müssen ein Interesse daran haben, dass der Islam als Wissenschaft gelehrt wird. Deswegen müssen die Lehrer wissenschaftlich qualifiziert und in das Hochschulsystem eingebunden werden", sagte Jaschke.

Mit Erleichterung nahmen Vertreter der muslimischen Gemeinschaft die Entscheidung auf. "Die jetzt begonnene Entwicklung läuft auf ein Heimischwerden des Islams in Deutschland hinaus", sagte Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, dem Abendblatt. "Es ist ein wichtiger Baustein für eine institutionelle Integration des Islams und ein Schritt hin zu einer Gleichstellung des Islams mit anderen Religionen." Mazyek sagte, sein Verband sei für einen islamischen Religionsunterricht und halte deswegen eine richtige Ausbildung für wichtig. Nach Ansicht Mazyeks kann mit den neuen Studiengängen nun der jüngeren Generation ein Islam frei von extremistischem Gedankengut vermittelt werden. "Wir müssen darauf achten, dass bei der Ausbildung der Imame der verfassungsmäßige Rahmen eingehalten wird und dass eine Art Mainstream des Islams gelehrt wird." Die Einhaltung dieses Kanons müsse auch überwacht werden können.

Hochschule und Religionsgemeinschaft müssten sich über Lehrpläne und Stellenbesetzungen abstimmen, forderte Mazyek. Auch den christlichen Kirchen stehe ein Vetorecht beim Personal zu. "Denn es geht hier wohlgemerkt nicht um Islamwissenschaft, sondern um einen Bekenntnisunterricht", betonte der Zentralratsvorsitzende. "Das Grundgesetz schreibt auch zwingend vor, dass bekenntnisorientierte Fächer mit den Religionsgemeinschaften abgestimmt werden."

Auch der stellvertretende Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland, der ehemalige bayerische Innenminister Günther Beckstein, begrüßte die staatliche Imam-Ausbildung, äußerte aber zugleich Bedenken. "Die Schavan-Entscheidung ist noch nicht der endgültige Durchbruch. Ein offenes Problem bleibt die Frage, wo die Imame später verwendet werden." So habe ein Modellprojekt in Erlangen gezeigt, dass weder der türkisch-islamische Verband Ditib noch der konservativere Verband Milli Görüs die fertigen Imame übernommen hätten. Der Ditib-Präsident habe ihm bei einem Treffen vor einem Jahr zudem gesagt, man werde weiterhin eigene Geistliche ausbilden und nach Deutschland schicken, berichtete Beckstein.

Der ehemalige CSU-Politiker und bayerische Innenminister forderte, die Wissensvermittlung müsse zudem im Rahmen des Grundgesetzes ablaufen. Fanatiker hätten in den Studiengängen nichts zu suchen. "Die Ausbildung muss den Studenten klarmachen, welche Teile des Korans ewige Wahrheiten darstellen und welche historisch ausgelegt werden müssen." Die Konfrontation des Islams mit der Aufklärung, die beim Christentum schon stattgefunden habe, sei unbedingt nötig.

"Meine Hoffnung ist, dass die Imam-Ausbildung an einer staatlichen Hochschule ein großer Schritt in Richtung eines Euro-Islams ist", sagte Beckstein. "Das wäre ein sehr großer Beitrag zur Integration."