Bundesrepublik setzt sich in Kampfabstimmung gegen Kanada und Portugal durch

Hamburg. Ganz demütig hatte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) gegeben: "Wir gehen mit Respekt, aber Zuversicht in die Abstimmung", sagte Westerwelle der "Bild"-Zeitung. Dabei ging es um ein Projekt, an dem deutsche Diplomaten bereits seit 2006 beharrlich arbeiten: die Wahl Deutschland in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Das Ergebnis gestern Abend in New York war dann doch ein deutliches: Gleich im ersten Wahlgang erhielt Deutschland die notwendige Zweidrittelmehrheit der 192 Uno-Mitglieder - allerdings mit nur einer Stimme mehr als nötig. Bei der Abstimmung ging es um fünf der sogenannten nicht ständigen Sitze in dem Gremium, die zum Jahreswechsel frei werden. Da zwei der zu vergebenden Sitze für westliche Staaten reserviert waren, sich aber neben Deutschland auch noch Kanada und Portugal beworben hatten, kam es zur Kampfabstimmung, die dann Portugal gewann.

Der Abstimmung war ein umfangreicher Wahlkampf der Kandidaten vorausgegangen. So hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits während des letzten UN-Gipfels im September intensiv um Stimmen geworben. Der Sicherheitsrat entscheidet über Sanktionen und Militäreinsätze der Uno. Neben den zehn wechselnden Mitgliedern sind die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich mit einem ständigen Sitz und einer Veto-Möglichkeit vertreten.

Nach Ansicht von Christian Schaller, Sicherheitspolitik-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, dient der jetzt errungene Wahlsieg aber nur als Zwischenschritt für weiter gehende Ambitionen: "Deutschland will sich mit dem nicht ständigen Sitz profilieren, um sich für einen ständigen Platz im Sicherheitsrat zu qualifizieren. Dieses Motiv steht ganz klar hinter dem deutschen Bemühen", sagte Schaller dem Hamburger Abendblatt. Nach Ansicht Schallers habe Deutschland ein Interesse daran, in Fragen der internationalen Friedenssicherung mitzuentscheiden. Zudem habe sich die Bundesrepublik umfangreich sowohl finanziell als auch personell und inhaltlich an der Arbeit der Uno beteiligt. "Es würde wohl auch kein anderes Mitglied der Vereinten Nationen verstehen, wenn Deutschland diesen Anspruch nicht formulieren würde", sagte Schaller.

David Bosold von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zeigte sich dagegen skeptischer: "Ich glaube nicht, dass ein nicht ständiger Platz im Sicherheitsrat die Chance erhöht, später ein ständiges Sicherheitsratmitglied zu werden."

Zusätzliche Verpflichtungen beispielsweise bei Militäreinsätzen entstehen Deutschland nach Ansicht Schallers aus dem neuen Amt nicht: "Die Forderung nach einem stärkeren militärischen Engagement zum Beispiel in Afghanistan gibt es ja schon jetzt." Dagegen habe sich die Bundesrepublik beim letzten Mal im Sicherheitsrat 2003/2004 auch gegen eine Irak-Intervention gewandt und sich nicht militärisch daran beteiligt.

"Deutschland hat vielmehr ein Profil im Bereich der nicht militärischen Sicherheit, beispielsweise beim Peacebuilding", sagte Schaller. Die Staaten, von denen es seine Stimmen bekommen habe, erwarteten auch, dass es eher ein Gegengewicht zu interventionistisch-gesinnten Staaten wie den USA und Großbritannien bilde.