Parteichef Gabriel versucht, im Streit um Stuttgart 21 die Grünen auf seine Linie einzuschwören.

Stuttgart. Im Streit um den Umfang eines Baustopps beim umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 drängt der als Vermittler eingeschaltete CDU-Politiker Heiner Geißler auf eine baldige Entscheidung. "Baustopp heißt, das ist ganz eindeutig, dass Baumaßnahmen nicht weitergeführt werden", sagte Geißler in der ARD. Unterdessen forderte die SPD die Grünen auf, eine Volksabstimmung über das Bauprojekt zu unterstützen.

Geißler will nach eigenen Worten mit beiden Seiten über die Forderung der Projektgegner nach einem vollständigen Baustopp als Vorbedingung für eine Schlichtung sprechen. "Jetzt geht es nur darum: Gibt es Ausnahmen, oder gibt es keine Ausnahmen?" Dies müsse nun diskutiert werden. Geißler fügte hinzu, er habe am Sonntag drei Stunden mit Bahnchef Rüdiger Grube gesprochen. Derzeit werde geprüft, ob das Grundwassermanagement des Bauprojekts "in der Zeit der Schlichtung auch tatsächlich durchgeführt werden muss". Er werde heute die Antwort erhalten. "Und dann wird weitergeredet." Erste Schlichtungsgespräche könnten dann am Donnerstag geführt werden.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth betonte, dass während der Friedenspflicht für die Dauer der Gespräche keine unumkehrbaren Fakten geschaffen werden dürften. "Friedenspflicht bedeutet einen Bau- und Vergabestopp", sagte Roth in Berlin nach einer Bundesvorstandssitzung.

Auch die SPD forderte einen sofortigen Bau- und Vergabestopp für das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 zur Vorbereitung einer Volksabstimmung. SPD-Bundesvorsitzender Sigmar Gabriel und der SPD-Landeschef Nils Schmid machten zugleich die Volksabstimmung zur Bedingung einer möglichen Koalition nach der Landtagswahl am 27. März 2011. "Keine Koalition ohne Volksabstimmung über Stuttgart 21", sagte Gabriel, der in diesem Zusammenhang an die Grünen appellierte: "Es würde uns freuen, wenn sich auch die Grünen solch einem Vorschlag öffnen würden und sagen, ob sie für eine Volksabstimmung sind." Eine Volksabstimmung und nicht die baden-württembergische Landtagswahl sei deshalb der richtige Weg, um über Stuttgart 21 zu entscheiden.

Zugleich forderten die beiden SPD-Politiker die Landesregierung auf, den Weg für eine Volksabstimmung freizumachen. Falls die Landesregierung weiterhin die Meinung vertrete, die Volksabstimmung sei rechtlich nicht zulässig, sollte sie einen anderen Weg zeigen, um das Volk entscheiden zu lassen, sagte Schmid. Er schlug zum Beispiel eine Volksbefragung vor, die verbindlichen Charakter hätte.

Nach aktuellen Umfragen hat die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung keine Mehrheit bei den Wählern mehr. Die hätte hingegen eine Koalition aus Grünen und SPD. Die Sozialdemokraten liegen in den Umfragen aber mittlerweile hinter den Grünen zurück und wären somit Juniorpartner einer grün-roten Koalition. Gabriel sprach sich mit Blick auf den Wahltermin überdies gegen einen von den Grünen geforderten Untersuchungsausschuss im Landtag zu dem gewaltsamen Polizeieinsatz vor zwei Wochen aus. Der Bericht dazu käme zu spät. Besser sei eine Parlamentarische Anfrage. Sie könne schneller Klarheit über die politische Verantwortung schaffen.