Sie werfen keine Bomben, sie liefern Fotos. Jetzt zieht die Bundeswehr sechs Kampfjets aus Afghanistan ab. Für Kritiker kommt die Entscheidung spät

Hamburg/Berlin. Es war vor allem ein Einsatz mit hohem Symbolwert. Deutsche Tornados flogen über das Kriegsgebiet in Afghanistan. Sie warfen keine Bomben, sondern lieferten strategische Bilder von Stellungen der Aufständischen. Schon im ersten halben Jahr am Hindukusch absolvierten die sechs Kampfjets rund 500 Aufklärungsflüge und machten pro Flug etwa zehn Aufnahmen. Seit April 2007 sind sie für die Nato-Truppe Isaf im Einsatz. Doch dieser war höchst umstritten. Kritiker befürchteten, dass die Aufnahmen der deutschen Tornados in Afghanistan für Bombenangriffe amerikanischer oder britischer Kampfflieger genutzt werden könnten. Nach dreijährigem Einsatz will die Bundeswehr die Tornados nun aus Afghanistan abziehen.

Das Verteidigungsministerium schickte den Obleuten der Bundestagsfraktionen eine entsprechende Mitteilung. Nun sollen die Tornados bis November rückverlegt werden. Die durch den Abzug frei werdenden 90 Bundeswehr-Dienstposten sollen für den Aufbau und die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Deutschland folgt damit einer Empfehlung von Isaf-Oberfehlshaber David Petraeus, die dieser am 12. August an die Bundeswehr-Spitze gerichtet hatte. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) habe die Entscheidung in Absprache mit Außenminister Guido Westerwelle (FDP) getroffen. Allerdings bleiben die Tornados des Aufklärungsgeschwaders 51 "Immelmann" in Deutschland als Reserve und können kurzfristig an den Hindukusch verlegt werden. Die Bundeswehr setzt dort weiterhin die Drohnen "Heron 1", "KZO" und "Luna" ein.

Andreas Steinmetz vom Deutschen Bundeswehrverband befürwortet den Abzug der Kampfflugzeuge. "Finanziell und personell war der Einsatz sehr kostspielig, aber auch effizient", sagte Steinmetz dem Hamburger Abendblatt. Es sei der richtige Weg, mit den frei werdenden Kapazitäten nun afghanisches Sicherheitspersonal auszubilden. Die neue Nato-Strategie legt den Schwerpunkt auf den Aufbau afghanischer Sicherheitskräfte, um die Grundlage für den Abzug der internationalen Truppen zu legen. Auch von Deutschland wird ein stärkeres Engagement bei der Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten erwartet, allerdings sieht das Mandat des Bundestags eine Obergrenze von 5000 Soldaten vor. Daher kamen das Verteidigungsministerium und die Bundeswehr zu der Bewertung, dass der Beitrag der deutschen Tornados "nicht mehr vordringlich ist", wie es in dem Schreiben an die Obleute heißt. Laut Verteidigungsministerium sind von den über 4700 derzeit in Afghanistan stationierten Bundeswehrsoldaten etwa 250 direkt oder indirekt am Flugbetrieb der Tornados beteiligt. Effektiv frei werden durch den Abzug der sechs Aufklärer aber nur rund 90 Mann. Mit Ausbildung und Betreuung afghanischer Sicherheitskräfte betraut sind rund 1250 deutsche Soldaten.

Einige Experten beklagen die späte Entscheidung für den Abzug. Und auch der Bundeswehrverband übt Kritik an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: "Ich finde es befremdlich, dass sich der deutsche Verteidigungsminister von außen antreiben lässt", sagte Steinmetz. Dabei habe es längst Stimmen vor allem von den Grünen gegeben, die einen Abzug der Tornados gefordert hatten. "Doch damals kam es zu keinem Abzug. Erst jetzt handelt er, als auch Petraeus es von ihm fordert", kritisiert Steinmetz. In der Tat hatten die Grünen bereits vor Monaten den Abzug der Tornados gefordert - und einen damit verbundenen Rückzug von 500 Soldaten. Für die Grünen hatte der Einsatz der Kampfjets einen Wendepunkt in ihrer Einstellung zum Afghanistan-Einsatz bedeutet. Als rot-grüner Regierungspartner hatten sie der Isaf-Mission zugestimmt. Als aber 2007 der Auftrag für die Aufklärungsflieger beantragt wurde, protestierte die Parteibasis. Andere Parteien hatten sich ebenfalls kritisch zu den Tornado-Missionen geäußert.

Entsprechend nannte Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour den nun beschlossenen Abzug der Tornados "überfällig". Der verteidigungspolitische Sprecher der Linkspartei, Paul Schäfer, forderte, dass die Tornados den "Anfang des Gesamtabzugs aus Afghanistan" bilden müssten.