Der FDP-Chef Westerwelle spricht von “Gerüchten“. Generalsekretär Lindner will mit dem Parteivorsitzenden “wieder in die Offensive“.

Berlin. Eine Partei müsse auch in schwierigen Zeiten Gegenwind aushalten, hat Guido Westerwelle gestern Abend gesagt. In Dresden, wo sich die sächsische FDP anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens feierte. Und da mag sich der eine oder andere gefragt haben, wer denn wohl gerade mehr vom Gegenwind erwischt wird: die Partei oder der Parteivorsitzende selbst?

Den ganzen Tag über hatte die von der "Bild am Sonntag" verbreitete Nachricht, Westerwelle erwäge seinen Rücktritt vom Parteivorsitz, das politische Berlin beschäftigt. Das Blatt hatte den 48-Jährigen mit den Worten zitiert: "In meinem Urlaub auf Mallorca habe ich über einen Rücktritt vom Parteivorsitz nachgedacht." Gesagt habe Westerwelle diesen Satz am Dienstagabend im Berliner Klub 40seconds, also drei Tage vor seiner überraschenden Hochzeit mit Michael Mronz.

Das Dementi kam prompt: "Von Rücktritt war nie die Rede." Mehr stand nicht in der Mail, die der stellvertretende FDP-Parteisprecher Adib Sisani gestern herumschickte. Kein Wort zu dem Umstand, dass mehrere Journalisten dabei gewesen sein sollen. Und Westerwelle? Der erhob Sisani anschließend zu seinem Kronzeugen. "Nein", sagte er in Dresden, er habe nicht über einen Rücktritt nachgedacht: "Das hat ja der Sprecher schon dementiert, und da können Sie mal sehen, wie schnell solche Gerüchte entstehen."

Die Logik ließ etwas zu wünschen übrig, und richtig überzeugt war danach auch keiner. Zumal FDP-Generalsekretär Christian Lindner zuvor zwar erklärt hatte, man sei "entschlossen, mit Guido Westerwelle jetzt wieder in die Offensive zu kommen". Aber hinterhergeschoben hatte: "Die SPD hat in schwierigen Zeiten immer sofort die Vorsitzenden ausgetauscht. Wir sind solidarischer als die SPD."

Auch die Solidaritätsadresse des baden-württembergischen FDP-Fraktionschefs Hans-Ulrich Rülke klang etwas blass. Der Parteivorsitzende werde gebraucht, versicherte Rülke dem Abendblatt. Man werde die Hilfe von Guido Westerwelle im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg in Anspruch nehmen. "Mein Eindruck ist", sagte Rülke, "dass die Bundesregierung - und damit auch die FDP - nach der Sommerpause Tritt gefasst hat und auf einem besseren Weg ist. Deswegen sind irgendwelche Rücktrittsforderungen und Personaldiskussionen derzeit nicht angezeigt." Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprang seinem Parteivorsitzenden mit der Erklärung zur Seite, es wäre "unfair und falsch, die Probleme auf eine Person zu reduzieren". Die Mannschaft müsse jetzt vielmehr zusammenstehen.

Tatsächlich wird Westerwelle wissen, dass eine Ämtertrennung den Anfang vom Ende bedeuten würde. Gäbe er den Parteivorsitz auf, wäre er außen- und innenpolitisch das, was die Angloamerikaner eine "lame duck" nennen. Deshalb kam das Dementi so sicher wie das Amen in der Kirche. Ganz unabhängig davon, ob Westerwelle das R-Wort nun benutzt hat oder nicht.

In der FDP-Parteispitze heißt es seit Wochen, vor den Landtagswahlen im Frühjahr nächsten Jahres - dann wird in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz gewählt -, werde sich am Vorsitz nichts ändern. Danach kommt allerdings der Bundesparteitag in Rostock.

Jetzt stellt sich der Westerwelle der Kritik der Basis. Gestern war er auf einer Regionalkonferenz in Ulm, am 30. September steht Schwerin auf dem Plan, am 8. Oktober Halle an der Saale.