Kenneth Buckner, 55 selbstständiger Übersetzer in Altona

Der 11. September ist für mich als Amerikaner nicht nur wegen der Anschläge unvergesslich, sondern auch, weil ich an diesem Tag nach Deutschland ausgewandert bin. Ein wirklich eigenartiger Start in mein neues Leben.

Genau genommen habe ich die USA am 10. September am späten Nachmittag verlassen. Mein Flug ging von San Francisco nach London, wo ich am nächsten Morgen gegen elf landete. Da mein Anschlussflug nach Hamburg erst am späten Nachmittag ging, hatte ich viel Zeit auf dem Flughafen. Und war auch dort, als das erste Flugzeug in den Nordturm raste.

Damals hingen auf Flughäfen noch nicht so viele Monitore, also habe ich überhaupt nichts mitbekommen. Erst als ich ein Gespräch von vier Amerikanern hörte, stutzte ich. Einer von ihnen saß dort mit einem Laptop und hat immer wieder gesagt: Oh no! Sein Kollege fing an zu weinen.

Ich weiß heute noch, wie mir durch den Kopf schoss: Der ist gefeuert worden oder hat in der Familie etwas Schlimmes erlebt. Doch dann wurde ich angesprochen: Hast du schon gehört, was in New York passiert ist? Nichts hatte ich gehört. Erst spät sah ich die Bilder des ersten Flugzeuges. Ich konnte nicht glauben, dass das Realität ist. Ich war fest davon überzeugt, das sind Bilder aus dem neuen Schwarzenegger-Film. Wirklich. Doch als sich dann der Abflug meiner Maschine immer weiter verschob, wurde mir klar, irgendetwas stimmt hier nicht. Nur fehlten mir noch immer verlässliche Infos.

Ganz spät am Abend bin ich dann endlich in meiner neuen Heimat gelandet. Überall war Polizei, schon auf der Landebahn sah man die Fahrzeuge. Der Flughafen selbst war wie leer gefegt. In dem Moment habe ich erst richtig verstanden, dass etwas ganz Schlimmes passiert sein muss.

Später vor dem Fernseher hatte ich vor allem erst einmal arge Verständnisschwierigkeiten, schließlich war mein Deutsch noch sehr rudimentär. Dennoch, die Bilder haben mir gezeigt, was dieser Tag für mein Heimatland bedeuten muss. Für mich war im ersten Moment vor allem unvorstellbar, dass es das World Trade Center nicht mehr gibt. Die beiden Türme waren mir, allen Amerikanern, doch so vertraut. Ich denke heute, mein Vorteil war, dass ich nicht mehr in den USA lebte, als der schreckliche Anschlag sich ereignete. So hatte ich eine gewisse Distanz zu den Ereignissen, war weit weg.

Mir fehlten so viele Informationen, die ich mir erst Stück für Stück beschaffen konnte. Und ich hatte vom ersten Tag an eine andere Perspektive auf die Anschläge. Dennoch, eigentlich bleibt dieser 11. September bis heute für mich unfassbar.