Tom Buhrow, 51 Moderator der “Tagesthemen“

Als die Flugzeuge in das World Trade Center flogen, war ich Korrespondent im Pariser ARD-Studio. Am 11. September drehten wir einen Beitrag über die Region Burgund. Vormittags stand der Besuch eines Weinfassbauers auf dem Programm. Bei einer Abschlussbesprechung im Büro des Firmenchefs kamen plötzlich seine Mitarbeiter herein und setzten sich vor den Fernseher. Ich weiß noch, dass ich dachte, die machen wohl eine Kaffeepause.

Irgendwann habe ich dann mal kurz auf den Bildschirm geschaut und sah einen brennenden Tower. Sofort war mir klar, das ist doch New York. Da der Ton leise war, habe ich nicht sofort realisiert, worum es in dem Beitrag ging. In einem ersten Reflex dachte ich an eine Flugzeugkatastrophe. Doch genau dann flog das zweite Flugzeug in den Tower. Da war klar, das ist kein Unglück. Ich gestehe, den Kollegen und mir kam sofort die Befürchtung in den Sinn: Ist das jetzt der Beginn eines dritten Weltkrieges? Mein Team und ich sind kurz darauf aufgebrochen.

Der Fassbauer war in einem kleinen Tal, dort hatten wir keine Handyverbindung. Wir fuhren auf den Hang und haben zunächst telefoniert. Mein erster Anruf galt der WDR-Zentrale in Köln. Ich wollte wissen, ob ich womöglich sofort in die USA aufbrechen muss. Doch dort herrschte noch das totale Chaos. Zudem konnten ja keine Flugzeuge mehr in den USA landen. Also hatte es einfach keinen Sinn, eine große Zahl von Journalisten loszuschicken.

Für mich war das ein komisches Gefühl. Das war doch mein altes Berichtsgebiet, und ich hatte das Gefühl, ich muss da hin. Mein journalistischer Instinkt sagte mir das. Stattdessen war ich weit weg im beschaulichen Burgund. Diesen Dreh fortzusetzen fühlte sich seltsam an. Allerdings hatten wir Kontakt zu einer Reisegruppe aus den USA, die in Frankreich unterwegs war. Durch diesen Austausch hatten wir wenigstens ein bisschen persönlichen Kontakt mit dem Unglück. Interessanterweise hatte ich keine Angst um Bekannte oder Freunde in New York. Zudem hatte meine Frau schon recht schnell in die USA telefoniert und konnte Entwarnung geben. Mir gingen eher die politischen Konsequenzen durch den Kopf. Denn es war klar, dass die USA einen solchen Anschlag nicht einfach hinnehmen würden. Sie würden massiv reagieren. Und so überlegte ich immer wieder, was kann das alles nach sich ziehen? Was bedeutet das für uns alle?