SPD-Chef will bei der Suche nach dem nächsten Kanzlerkandidaten auch Nichtmitglieder einbinden

Hamburg. Bis zur nächsten Bundestagswahl sind es noch drei Jahre. Aber der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel macht sich bereits Gedanken über die Frage, wer Kanzlerkandidat seiner Partei werden kann. In einem Interview mit dem "Stern" regte Gabriel an, den nächsten Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten mithilfe auch von Nichtmitgliedern über eine Vorwahl auszuwählen. Gabriel verwies auf das Vorhaben der französischen Sozialisten, den nächsten Präsidentschaftskandidaten im Sommer 2011 bei einer Vorwahl durch Parteimitglieder, Sympathisanten, Wähler und Wahlhelfer bestimmen zu lassen. "Ich kann mir das auch in Deutschland vorstellen, wenn es mehrere Bewerber gibt", sagte Gabriel.

Bisher bestimmt ein Bundesparteitag den Kanzlerkandidaten der SPD, der letztlich von einem kleinen Führungszirkel ausgewählt wird. SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner begrüßte den Vorschlag Gabriels, deutete jedoch auch Zweifel an der Umsetzung der Kandidatenfindung. Dem Abendblatt sagte Stegner: "Generell unterstütze ich den Parteivorsitzenden dabei, mehr Beteiligung und innerparteiliche Demokratie zu erreichen. Wir haben zum Beispiel in Niedersachsen gute Erfahrungen mit diesem Verfahren bei einer Landratswahl gemacht." Aber ob das Verfahren "so übertragbar ist auf die Aufstellung des Kanzlerkandidaten, darüber muss man noch diskutieren", gab der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef zu bedenken.

Auch Gabriel verwies auf das Beispiel in Niedersachsen. In seiner Heimatstadt Goslar habe die SPD gute Erfahrungen mit dem französischen Modell gemacht. Drei SPD-Mitglieder hätten sich für die Landratswahl in einer Vorwahl beworben, an der sich 1300 Bürger beteiligt hätten. "Es gab eine riesige öffentliche Aufmerksamkeit. Am Ende gewann die SPD mit ihrem Kandidaten im ersten Wahlgang - gegen den Trend in Niedersachsen", sagte Gabriel.

Der SPD-Chef ordnete seinen Vorstoß ein in Bemühungen der SPD-Spitze, auch Sympathisanten ohne Parteibuch zur Mitarbeit zu gewinnen, um die Partei stärker für die Gesellschaft zu öffnen. "Parteien dürfen keine geschlossene Veranstaltung mehr sein", sagte Gabriel. Sie müssten sich als Werkstatt verstehen, bei der jeder mitarbeiten könne, auch wenn er nicht gleich Parteimitglied werden wolle.

In einer Urabstimmung hatte die SPD 1993 die Mitglieder über den Parteivorsitz entscheiden lassen, nachdem der Parteivorsitzende Björn Engholm zurückgetreten war. In der Mitgliederbefragung setzte sich Rudolf Scharping gegen Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorek-Zeul durch.