Verfassungsschutzpräsident Fromm sieht “erhebliche Fakten“, die weitere Beobachtung erfordern

Berlin. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm hält eine Beobachtung der Linkspartei auch in Zukunft für notwendig. Die Wahl von Sahra Wagenknecht zur stellvertretenden Parteivorsitzenden belege, dass "die extremistischen Strömungen bei der Beurteilung der Gesamtpartei nicht vernachlässigt werden können", sagte Fromm abendblatt.de, der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts. Wagenknecht entstammt der Kommunistischen Plattform der Partei.

Die Linke unterhalte außerdem enge Kontakte zu ausländischen kommunistischen Organisationen. "Das sind erhebliche Fakten", betonte Fromm. Sie erforderten "nach wie vor die Beobachtung", die im Übrigen nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln erfolge. Der Präsident des Kölner Bundesamts für Verfassungsschutz erinnerte daran, dass die Rechtmäßigkeit der Beobachtung erst kürzlich durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden sei. Der Thüringer Linken-Fraktionschef Bodo Ramelow hatte gegen seine Überwachung geklagt. Doch das Gericht urteilte im Juli, dass ein Dossier aus öffentlich zugänglichen Daten über ihn verfasst werden dürfe. Auch alle anderen Linken-Spitzenpolitiker könnten beobachtet werden.

Die Parteivorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, setzt nun darauf, dass das Bundesverfassungsgericht die Überwachung ihrer Partei durch den Verfassungsschutz stoppen wird. Dem Abendblatt sagte sie: "Ich gehe davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht uns recht geben wird, wenn nicht, würde ich den Glauben an den Rechtsstaat verlieren." Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bereitet Ramelow jetzt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor.

"Der Einsatz des Geheimdienstes gegen uns zeigt, dass die Kanzlerin nicht den Mut aufbringt, sich mit uns auf demokratischem Wege auseinanderzusetzen. Das ist ein Armutszeugnis", sagte Lötzsch. Die Überwachung der Linken sei "parteipolitisch motiviert, undemokratisch und verfassungswidrig". "Die Wahrheit ist: Nicht nur der Programmentwurf unserer Partei, sondern auch die praktische Politik der Partei die Linke setzt auf eine Veränderung der Gesellschaft mit demokratischen Mitteln." Fromm hingegen verwies auch auf Berührungspunkte zwischen der Linkspartei und der gewaltbereiten linken Szene.

"Es ist vorgekommen, dass einzelne Funktionsträger der Linkspartei Demonstrationen angemeldet haben, bei denen es dann erwartungsgemäß zu Ausschreitungen gekommen ist", sagte er. Jedoch lägen keine Erkenntnisse über ein organisiertes Zusammenwirken der Linkspartei und der gewaltbereiten linksextremistischen Szene vor.

Fromm beklagte, dass sich die Anzahl linksextremistischer Gewalttaten in Deutschland deutlich erhöht habe und es Beispiele für ein höheres Gewaltniveau gebe. Auch der Ton in den entsprechenden Publikationen habe sich verschärft. Allerdings könne er derzeit "keine Ansätze für Linksterrorismus erkennen", sagte der Präsident.

In der Linkspartei gerät Lötzschs Kovorsitzender Klaus Ernst immer mehr unter Druck. In der "Karteileichen-Affäre" der Linken in Bayern forderte der bayerische Landesschatzmeister Ulrich Voß den Bundesparteichef Ernst zum Rücktritt auf. Dieser habe von den Ungereimtheiten in der Mitgliederverwaltung gewusst, sagte Voß der "Süddeutschen Zeitung". "Als Parteichef ist er völlig untragbar geworden." Ernst soll bei der Nominierung der Kandidaten für die Bundestagswahl 2009 davon profitiert haben, dass die Partei nicht zahlende Mitglieder in der Kartei weiter geführt habe.

Außerdem wird Ernst sein Lebensstil vorgeworfen. Der ehemalige IG-Metall-Funktionär fährt Porsche und hat seit vielen Jahren ein Bauernhaus in den Alpen gemietet. Doch in diesem Punkt verteidigte ihn Ramelow. Der Lebensstil von Ernst sei vor seiner Wahl bekannt gewesen. Viele Parteimitglieder hätten noch kein Verhältnis zum Geld gefunden.