Vorschlag des Wirtschaftsministers stößt auf Kritik. Unionsfraktion unentschieden

Berlin. Das ist ein Dämpfer für Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle: Im Kanzleramt denkt man derzeit nicht daran, den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland weiter zu erleichtern, wie es der Liberale gefordert hatte. Eine Überarbeitung des seit vergangenem Jahr geltenden entsprechenden Gesetzes erscheine "in so kurzer Zeit nicht angeraten", sagte ein Regierungssprecher gestern.

Kritik am Vorstoß des Ministers kam auch vom Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise. Er forderte, zunächst die Hochqualifizierten in Deutschland zu fördern. Unternehmen sollten etwa in Kinderbetreuung investieren. "Das vorhandene Potenzial im Land sollte erst einmal genutzt werden", sagte Weise der "Financial Times Deutschland". "Wir können nicht zulassen, dass Menschen in Arbeitslosigkeit sind, nur weil ihre Talente nicht genutzt werden." Ähnlich hatten sich zuvor CSU-Chef Horst Seehofer und Gewerkschaftsvertreter geäußert.

Brüderle hatte eine Initiative für den leichteren Zuzug von Fachkräften angekündigt und dabei unter anderem niedrigere Verdienstgrenzen, aber auch mögliche Lockprämien der Unternehmen ins Spiel gebracht.

Allerdings war erst im Januar 2009 das Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz in Kraft getreten. Darin wurde unter anderem bereits der Betrag, den Fachkräfte hierzulande verdienen müssen, um einwandern zu dürfen, von 86 400 Euro pro Jahr auf 63 600 Euro gesenkt.

Der Regierungssprecher wies zudem darauf hin, dass die Bundesregierung aktuell an der Umsetzung einer EU-Richtlinie für eine sogenannte Blue Card arbeite, die ebenfalls Erleichterungen für Hochqualifizierte vorsieht. Mit der Blue Card, angelehnt an die US-Greencard, sollen Hochqualifizierte mit Uni-Abschluss und mindestens fünfjähriger Berufserfahrung leichter in der EU arbeiten können. Im Bundeswirtschaftsministerium wird dennoch weiter an den Einzelheiten der Brüderle-Initiative gearbeitet. Der Unterstützung der Arbeitgeber kann sich Brüderle dabei jedenfalls sicher sein. "Wenn Deutschland im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter erfolgreich sein will, benötigen wir ein Gesamtkonzept für eine gezielte, arbeitsmarktorientierte Zuwanderung. Deutschland ist schon aufgrund der demografischen Entwicklung auf die Kompetenzen qualifizierter Zuwanderer angewiesen", brachte gestern ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände deren Position auf den Punkt.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), plädierte unterdessen für ein Sowohl-als-auch: "Zum einen habe ich für die Position von Minister Brüderle Verständnis. Dann müssen wir aber auch konsequent sein und Deutschland zum Einwanderungsland machen, um den Zuzug fortan genau steuern zu können", sagte Schiewerling dem Hamburger Abendblatt. "Zum anderen haben wir bereits viel Potenzial in unserem Land. Dieses Potenzial müssen wir nur effektiver ausbilden und besser qualifizieren, gerade auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Insoweit hat auch der Einwand von Herrn Weise seine Berechtigung."